Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 68 = 2.F. 32 (1919))

Schuld und Haftung im geltenden Rechte. 25
brüche zur Zahl aller jener Einzelfälle noch ein geringes
war, in denen trotz und in allem Weltkriege die Ge-
bote des Völkerrechts stillschweigend und selbstverständlich
eingehalten werden. Auch für die Privatrechtsordnung
würden wir es wie eine Auflösung aller Rechtsordnung, als
die schwerste Revolution empfinden, wenn die Einhaltung
der Rechtsnormen etwa absichtlich in weiterem Umfang als
bisher — vielleicht relativ noch immer in geringer Zahl —
nicht gutwillig durch die Bevölkerung, sondern nur durch die
Zwangsgewalt des Staates herbeigeführt würde.
Warum ich diese allgemeinen Betrachtungen in diese
Untersuchungen einfüge? Weil ich mich dem Eindrücke nicht
verschließen kann, daß in den Untersuchungen über das
Obligationenrecht ihnen vielfach viel zu geringe Beachtung
geschenkt wird, und das gilt nicht nur für das engere Ge-
biet der persönlichen Haftung, sondern auch und zwar in
noch erhöhtem Maße für das der Sachhaftung.
Wird in den juristischen Untersuchungen dieser Art schon
für das gewöhnliche Obligationenrecht die Tatsache meist
zu wenig beachtet, daß die bestehenden persönlichen Haftungen
nicht nur zur Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung,
sondern in viel zahlreicheren Fällen durch Einfluß auf
den Willen des Schuldners — fern von aller Exekution,
bloß ourch deren im Rechte begründete hypothetische An-
drohung — zur freiwilligen Zahlung führt, so ist den der
Sachhaftung gewidmeten Ausführungen dieser Gedanke meist
vollends fremd. Und doch ist diese psychologische Wirkung
durch Bestimmung in der Richtung zur Zahlung bei der
Sachhaftung genau ebenso groß und ebenso wirkungsvoll
wie bei der persönlichen Haftung.
Zwar wird der fein gebildete Jurist uns sagen, aus
der Geltendmachung der Sachhaftung fließe keinerlei An-

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