Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 68 = 2.F. 32 (1919))

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v. Schwind,

des Rechtsgebotes und der Rechtsandrohung außer acht läßt
oder hinwegleugnet und auf dieser einseitigen Auffassung
weiterbauend dazu kommt — mit manchen Modernen —
die Identität des subjektiven Privatrechts z. B. im For-
derungsrechte mit dem prozessualen Recht auf Auslösung
der staatlichen Zwangsgewalt und dem Rechte auf Zwangs-
vollzug und Zwangsvollstreckung zu behaupten.
Wenn ich dabei der Meinung bin, daß auch für das
Gebiet des Privatrechts nicht nur der bessere und edlere
Teil, sondern auch der für die Verwirklichung der Rechts-
ordnung wichtigere und wirksamere Teil der Bedeutung
des Rechtsgebotes und der Rechtsandrohung auf der ethischen^
psychologischen Seite, in dem bestimmenden Einfluß auf den
Willen des Einzelnen und nicht im Zwangsvollzuge gelegen
sei, so bestimmt mich hierzu, wie oben schon angedeutet, die
Ueberzeugung, daß unsere Rechtsordnung vollständig zu-
schanden würde in dem Augenblicke, wo der erste Teil gänzlich
oder auch nur in weitem Umfang versagen, und etwa für eine
Zeitlang die Erfüllung aller Rechtsgebote nur im Wege der
Zwangsvollstreckung erfolgen würde. Wenn keine Schuld mehr
gezahlt, keine Ware geliefert würde, die nicht der Gerichts-
vollstrecker nach Durchführung des ordentlichen Rechtsganges
einhebt, so hat die letzte Stunde des Obligationenrechts ge-
schlagen; und wie stünde es erst im Familienrecht, in der
öffentlichen Verwaltung, im Beamtenrecht, im Heere? Wir
sprechen heute von einem vollständigen Zerfall des Völker-
rechts, weil in einer sich immer vergrößernden Anzahl von
Fällen der Einfluß und die Kraft der völkerrechtlichen Ge-
bote geschwunden ist. Wir empfanden es begreiflicherweise
als völlige Auflösung aller internationalen Rechtsordnung
schon zu einer Zeit, da das prozentuale Verhältnis die
Zahl aller der einzelnen schweren und leichteren Rechts-

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