Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 68 = 2.F. 32 (1919))

Schuld und Haftung im geltenden Rechte. J19
zeichnen, völlig zusammen mit der Haftung für
eine Leistung. Die Annahme einer Schuld im Sinne
eines Leistensollens . . . lehnt er durchaus ab . . . Diese
Haltung hängt übrigens mit einer über das Gebiet des Schuld-
rechts weit hinaus reichenden allgemeinen Betrachtungsweise
zusammen, zu der B i n d e r nunmehr gelangt ist, und zufolge
deren nicht nur der Begriff der Schuldpflicht, sondern auch
der der Rechtspflicht überhaupt ein völlig überflüssiger sein
soll" i). Diese Auffassung, die Strotzal bekämpft, über-
treibt er zunächst bis zu Folgerungen, die Binder selbst
nicht mehr zieht, die sich aber nach Strohals Meinung
aus dem angefochtenen Standpunkte konsequenterweise er-
geben würden. „Wollte Binder seinen jetzigen Standpunkt
folgerichtig durchführen, so müßte er auch die sogenannte
Beamten Pflicht leugnen und es bei der Formel bewenden
lassen, daß gegen den Beamten, welcher den von der Rechts-
ordnnng an ihn gestellten Anforderungen nicht entspricht,
ein durch einen anderen Beamten auszuübender Rechts-
zwang eintritt uff."?). So weit geht nun Binder nicht;
es konnte ihm nämlich „nicht entgehen, daß ein Beamter
von der dazu berufenen öffentlichen Gewalt nicht zu dem
Ende eingesetzt wird, damit gegen ihn Rechtszwang geübt
werden kann, wenn er der ihm übertragenen Aufgabe nicht
gerecht wird, sondern zwecks Erfüllung dieser Aufgabe. Ein
Rechtszwang soll gegen den Beamten erst eingreifen für
den völlig unerwünschten Fall, daß die an dessen
Einsetzung geknüpfte Erwartung enttäuscht werden sollte.
Damit ist aber das Wesen der Rechtspflicht bereits gegeben.
Es besteht darin, daß die Rechtsordnung von dem ihr Unter-
1) Schuldpflicht und Haftung, 29.
2) a. a. O. 30.

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