Schuld und Haftung im geltenden Rechte. 117
dafür, daß diese Zahlungen geleistet werden, wahrscheinlich
irgendein menschliches Wesen unerläßlich sein; und wenn
dieses eine Wesen nicht verläßlich funktioniert, setzt man bei
der Zwangsverwaltung ein anderes an seine Stelle, das
jenes Aufgabe zuverläßlicher erfüllt, oder man schreitet zum
Zwangsverkauf, der sich gegen das gleiche Wesen richtet und
meist unter Vernichtung des ganzen Rechtsgebäudes einen
eigentlich nicht beabsichtigten wirtschaftlichen Erfolg herbei-
führt oder auf dasselbe Subjekt durch die Androhung allein
einen solchen Druck ausübt, daß es zur Vermeidung aller
Uebel ganz „freiwillig" bezahlt, — aber anzunehmen, daß
dieses Wesen, nämlich der Eigentümer des belasteten Gutes,
mit dieser Zahlung irgend etwas zu tun habe, oder gar
daß er sie schulde, das alles ist für die Rechtstheorie die,
sich zum Dogma der Gläubigerschuld bekennt, selbstverständ-
lich ganz überflüssig.
Ich will niemandem die Freude nehmen an dieser
Rechtsauffassung, aber ich hoffe immer, daß es bei etwas
näherer Betrachtung der Dinge doch auch Theoretiker gibt,
die es begreifen, die es mir nicht verargen, wenn ich anderer
Meinung bleibe. Ich hoffe dies um so mehr, wenn ich da-
bei — und das ist das zweite, was ich hier vorzubringen
habe — den Blick von dem Texte des deutschen Bürgerlichen
Gesetzbuches hinweg auf die analogen Einrichtungen des be-
nachbarten Schweizerlandes lenke.
Ich glaube, niemand wird bestreiten können, daß die
Schweizer Gült ihrem Wesen nach dasselbe oder etwas ganz
Verwandtes ist, wie die deutsche Grundschuld. Verschieden
behandelt ist doch wohl nur die Eigentümergrundschuld, be-
züglich deren mir Eugen 5)über unlängst schrieb, man
dürfe „sie eben nicht als Pfandrecht einschätzen, sondern sie
muß als mobilisierter Bodenwert zur Geltung kommen".