Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 65 = 2.F. 29 (1915))

Ungerechtfertigte Durchbrechung der Rechtskraft usw. 349
des Verhandlungsprinzips oder des Grundsatzes des gegen-
seitigen Gehörs zustande gekommen waren.
Unter diese Gruppe von nichtigen Urteilen fielen auch
diejenigen, denen überhaupt der Charakter eines Urteils
fehlte. In erster Linie gehörte hierher der Mangel, daß
das Urteil contra jus darum in thesi ging oder akten-
widrig war. Eine Entscheidung, die deshalb unrichtig war,
weil die Tatsachen unrichtig unter die Rechtsregeln gebracht
waren, war niemals nichtig, denn immer war doch geurteilt.
Dagegen begründete jeder andere nicht bloß auf fehlerhaftes
Urteilen zurückzuführende Fehler die Nichtigkeit der Ent-
scheidung: alsdann war nicht geurteilt. Nichtig war daher
ein Urteil schon dann, wenn bei der Rechtsfindung aus-
drücklich von unrichtigen Grundlagen ausgegangen war, sei
es von einem Rechtssatz, der mit dem klaren Inhalt der
Gesetze in Widerspruch stand, oder von tatsächlichen Voraus-
setzungen, die dem in den Akten enthaltenen Streitstofi
widersprachen.
Sodann sind hier die Urteile zu nennen, die nach ihrem
Inhalt den für richterliche Verfügungen geltenden allge-
meinen Erfordernissen nicht entsprachen. So lag kein Urteil
vor, wenn ein durch rechtskräftiges Urteil bereits entschiedenes,
also nicht mehr streitiges Rechtsverhältnis jetzt nochmals
abgeurteilt wurde. Ebensowenig war geurteilt, wenn die
Entscheidung weder eine Verurteilung noch eine Freisprechung
des Beklagten enthielt, denn unbesümmte Urteile, die auf
ein non liquet gingen, konnte es nicht geben. Dahin ge-
hören auch die verwandten Fülle, daß das Erkenntnis Un-
bestimmtes oder Widersprechendes ausspricht und endlich der
auch für das heutige Recht wichtige Fall, daß der Urteils-
spruch Unmögliches enthält.
An die Urteile, die wegen ihres Inhalts keine Urteile

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer