Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 65 = 2.F. 29 (1915))

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Ludwig Mitteis,

Politik mehr des Sehnens als des realen Vollbringens,
weil die damals herrschende altliberale Partei ihr ablehnend
gegenüberstand. Es war die Politik des beginnenden
Deutschnationalismus, wie sie in Jnnerösterreich, besonders
in Steiermark und Kärnten, sich seit dem Jahre 1866 so
stark entwickelt hat. Hatten schon die Ereignisse von 1866
und die darauf folgenden politischen Konsequenzen auf
die Deutschen in Oesterreich eine tiefgehende ' Wirkung
geübt und in ihnen das schmerzliche Gefühl hervorgerufen,
abgeschnitten von den Stammesbrüdern im Kampf mit dem
Slaventum allein geblieben zu sein, so wurde dieses Gefühl
noch unendlich gesteigert durch die herrlichen Erfolge, welche
die deutsche Nation im Jahre 1870 auf den französischen
Schlachtfeldern erzielte, und durch das sich daranschließende
epochale Ereignis der Reichsgründung. Die nationale Be-
geisterung, welche im Reich sich sofort in geordnete Bahnen
ergoß, konnte sich freilich in Oesterreich nicht ungehemmt
betätigen, aber in den auferlegten Schranken erreichte sie
eine um so höhere Spannkraft. Gerade die etwas welt-
abgeschiedene und schwer bewegliche, aber an dem einmal Er-
faßten um so zäher festhaltende Art der Jnnerösterreicher,
besonders der Steiermärker, war jetzt entschlossen, sich allen
Slavisierungsversuchen mit eiserner Beharrlichkeit zu wider-
setzen. Es steckte in diesen unbeugsamen und leidenschaft-
lichen Verfechtern des Deutschtums noch etwas von dem
Geiste der Generation, welche die blutige Gegenreformation
erlebt hatte; aber ihr Luther hieß Bismarck, und auf diesen
unbedingt zu schwören war auch Strohal Zeit seines
Lebens vorbehaltslos bereit. Das politische Programm,
welches Strohal für die österreichischen Deutschen damals
entwarf und auch in öffentlicher Rede (z. B. 1869 im Ver-
ein der Deutschnationalen in Graz) vertrat, hat Verwandt-

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