Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 41 = 2.F. 5 (1900))

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Franz Leonhard,

Andererseits ist es doch wohl sicher, daß die Wirkungen, die
ein Verzug betreffs der einzelnen Leistungen erzeugen würde,
hier nicht eintreten. Der Schuldner müßte sonst zum Schadens-
ersatz verpflichtet sein, wenn eine Leistung nach der Mahnung
unmöglich wird. Aber das ist nicht der Fall. Selbst nach
Erhebung der Klage hat die Unmöglichkeit der einen Leistung
lediglich zur Folge, daß die Schuld sich auf die andere kon-
zentrirt. Ebensowenig wird der Schuldner frei, wenn er dem
wahlberechtigten Gläubiger beide Leistungen angeboten hat und
dann eine untergeht. Vielmehr tritt auch hier Vereinfachung
auf die andere ein. Von einem Verzüge betreffs der einzelnen
Leistungen kann also vor der Wahl noch nicht die Rede sein.
Das ändert sich nun mit dem Vollzüge der Wahl. Jetzt
kann jeder von beiden — auch der Gegner des Wahlberech-
tigten — den anderen in Verzug setzen. Es ist auffallend,
daß in der so viel behandelten Lehre von der Wahlschuld diese
einfachen Sätze bisher so fast gänzlich mißachtet sind. Die
meisten Schriftsteller trennen diesen Verzug nicht einmal durch-
weg von dem Verzüge in der Wahlausübung *) — obgleich
beide doch sehr verschieden sind 1 2). Der letztere Verzug ist ein
beliebtes Thema und unendlich viel behandelt, der andere fast
gar nicht beachtet. Es könnte nun vielleicht Jemand einwenden,
daß auch nur jener Verzug praktisch bedeutsam sei. Aber bei
diesem Einwand würde man eben gerade wieder den erheb-
lichen Einfluß verkennen, den der Schuldverzug aus die ganze
Lehre von der Wahländerung ausübt.

7.
Stellen wir zunächst die maßgebenden Sätze fest. So-
bald gewählt ist, kann der Gläubiger den Schuldner wegen

1) Vergl. z. B. Pescatore, S. 189 ff., 255ff.; Ryck, S. 245 ff.
2) Vergl. §§ 375 II, 373 H.G.B.

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