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W. v. Blume,
war, als sie an den höchsten Gerichtshof herantrat. Das Er-
gebnis des reichsgerichllichen Urteils ist bemerkenswert, mehr
noch seine Begründung. Und zwar deshalb, weil das Reichs-
gericht versucht hat, einen im BGB. nicht ausgesprochenen
Rechtssatz zu gewinnen.
Es ist in neuerer Zeit über die Methode der Gesetzesaus-
legung mancherlei geschrieben worden — Gutes und minder
Gutes. Jedenfalls: noch lange nicht genug. Daß wir uns
über die Stellung des Richters zum Gesetze und über die
Handhabung des Gesetzes endlich einmal klar werden müffen,
das zeigen auch Entscheidungen wie die vorliegende. Das
zeigt nicht minder die Literatur der in unserer Entscheidung
behandelten Frage.
Unter diesem Gesichtspunkte soll die rechtliche Bedeutung
der Vereitelung des Zugehens von Willenserklärungen hier
behandelt werden.
„Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber
abzugeben ist", sagt § 130 BGB., „wird wirksam, wenn sie
dem anderen zugegangen ist."
Hieraus ergibt sich für den ersten Blick, daß, wenn die
Erklärung dem anderen nicht rechtzeitig zugegangen ist, sie
nicht rechtzeitig wirksam wird — also, wenn es sich um eine
Annahmeerklärung handelt, der Vertrag nicht zu stande kommt.
Daß hieraus dem Urbeber der Erklärung, der darauf vertraut,
seine Erklärung werde wirksam werden, ein Schaden entstehen
kann, liegt auf der Hand. Und, wenn die Ursache der Ver-
spätung des Zugehens in dem Verhalten des Adressaten ge-
sunden wird, so drängt sich der Gedanke auf, ob nicht der
Schaden von dem getragen werden muß, der ihn verursacht hat.
Nun ist dies eine unstreitig, daß die Verhinderung des Zu-
gehens der Erklärung unter den § 826 fallen kann und dann