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Victor Ehrenberg,
Betrag der gemachten Einzahlungen, ja über die gesamten
Aktiva hinausgehen kann, als Passiva eingestellt werden
müßten, und die Bilanz würde damit ein völlig verzerrtes,
ja ein monströses Bild von der gegenwärtigen Vermögenslage
der Gesellschaft gewähren.
III.
Während die Bilanz also nur ein zahlenmäßiges
Augenblicksbild von dem Vermögensstand der Gesellschaft
nach ganz allgemeinen Kategorien gewährt und in dieser ihrer
arithmetischen und abstrakten Natur schon von selbst eine
Garantie gegen die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen bietet,
hat der Geschäftsbericht sich in erzählender Form nicht
nur über den Vermögensstand, sondern über die gesamten
Verhältnisse der Gesellschaft zu verbreiten (HGB.
§ 260 Abs. 2), er muß in die Vergangenheit zurückgreifen und
einen Ausblick in die Zukunft eröffnen, er muß daher neben
Tatsachen auch Urteile (Meinungsäußerungen) enthalten, und
er kann gar nicht alle Tatsachen, die im Laufe des Geschäfts-
jahres bedeutsam geworden sind, aufzählen, aber er darf dies
auch nicht, wenn nicht durch Preisgabe wichtiger Interna der
Geschäftsbetrieb der Gesellschaft unmöglich gemacht werden
soll. Der Geschäftsbericht muß daher eine Menge von
Umständen verschweigen dürfen, die für die Be-
urteilung des „Standes der Verhältnisse" (§ 314 Z. 1) nicht
nur geeignet, sondern sogar notwendig sind, auf denen über-
haupt das Schlußurteil von Vorstand und Aufsichtsrat über
die gegenwärtige Lage und die Zukunftsaussichten der Gesell-
schaft beruht. Während die Bilanz (in der oben S. 298
angegebenen Beschränkung) vollständig sein muß, sonst ist
sie keine Bilanz, ist beim Geschäftsbericht die Möglichkeit, daß er
„vollständig" sei, geradezu ausgeschlossen, er muß seiner Natur