Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 51 = 2.F. 15 (1907))

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Leo AHSbahs,

Rechtsakt zugleich „Verwirklichung" festgesetzter Zivilrechte und
einer durch die Behördenorganisation begründeten publizistischen
Pflicht wäre? Letzteren Begriff kann man in doppeltem Sinne
nehmen, einmal, wie bereits angedeutet, vom Standpunkt des
fungierenden Beamten aus: so „verwirklicht" ein mit Erfolg
fungierender Gerichtsvollzieher zugleich seine Amtspflicht und
die Forderung des ihn beauftragenden Gläubigers. Der Ge-
brauch des gleichen Wortes „verwirklichen" für die gemeinten
beiden Begriffe ist allerdings sprachwidrig.- Vielleicht meint
Köhler in Anknüpfung an seine Gegnerschaft gegen den
publizistischen Rechtsschutzanspruch den anderen möglichen Sinn
seiner Worte: die Vollstreckung werde als „Verwirklichung"
d. h. Erfüllung der dem Rechtsschutzanspruch des Gläubigers
korrespondierenden publizistischen Pflicht des Schuldners gedacht.
Auch dann würden die von Köhler gegenübergestellten Voll-
ftreckungstheorien in Wahrheit nur die beiden stch ergänzenden
Hälften der richtigen Theorie sein. Das publizistische Recht
bezw. die publizistische Pflicht in eoneroto ist eine notwendige
Folge der Beamtenorganisation, der mit dem Amte verbundenen
Pflichten und Rechte seines Trägers. Die „Zwiefältigkeit" der
Vollstreckung *), ihre gleichzeitige Bedeutsamkeit für das zivilistische
Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner und für das
publizistische Verhältnis zwischen Beamten und Untertanen, hat
durchaus nichts Befremdliches an sich. Es handelt stch um
eine historisch - evolutionistische Erscheinung, nicht um eine
„Selbstbeschränkung der Staatsgewalt", nach reiner
Willkür zu entscheiden (so Grosse, a. a. O. 117).
i) Hierauf weist Köhler, Ungehorsam und Vollstreckung im Zivil-
prozeß, ArchCivPrax 80 S. 144, 145 ff., 154 selbst hin; er bespricht den
materiell unberechtigten Vollstreckungserreger. Köhler mag seine Ansicht
selbst etwas geändert haben.

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