Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 51 = 2.F. 15 (1907))

Versäumnis des Empfanges von Willenserklärungen. 9
Weiter aber dürfen wir nicht gehen. Der von Titze auf-
gestellte Satz läßt sich nicht rechtfertigen.
Demnach ist in Fällen wie dem unserigen mit der Ana-
logie des Gläubigerverzuges nicht zu Helsen. Die Tatsache,
daß der Adressat der Annahmeerklärung nicht bereit gewesen ist,
sie zu empfangen, genügt allein noch nicht, um die Rechtslage
zu Gunsten des Erklärenden zn beeinflussen.
Das kann nicht überraschen. Mit Reckt ist schon von
anderer Seite Z Titze entgegengehalten worden, es sei doch
allgemeiner Grundsatz, daß der Absender einer Erklärung die
Gefahr ihres Zuganges trägt, und es leuchte nicht ein, warum
dieser Grundsatz gerade in den Fällen durchbrochen werden
solle, wo der Umstand, der den Zugang verhindert, in der
Person des Adressaten liegt. Soll die Gefahr auf diesen über-
gewälzt werden, so müssen schon besondere Umstände in
seiner Person eintreten, die solches rechtfertigen.

Es liegt nahe, in dem Verhalten des Adressaten die
Begründung für die Stellungnahme zu Gunsten des Absenders
zu suchen. Das rechtswirksame Verhalten ist in aller Regel
Willenserklärung oder pflichtwidriges Verhalten. Hier kommt
nur pflichtwidriges Verhalten in Frage. Dieses wird in der
Regel nur berücksichtigt, wenn es schuldhaft ist. Die Frage
wäre also genauer dahin zu stellen: Knüpft sich an die vor-
sätzliche oder fahrlässige Unterlassung des Empfanges einer Er-
klärung eine von § 130 abweichende Rechtsfolge?

Für den Fall der vorsätzlichen Verhinderung des
Empfanges einer Vertrags-Annahmeerklärung hat Habicht die
Antwort im § 162 BGB. finden zu können gemeint. Die

i) Breit, a. a. O. 595.

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