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W. v. Blume,
Satz, einen Obersatz, suchen, als dessen Anwendung der be-
kannte Satz zu betrachten ist. Fällt derjenige Tatbestand, für
den der Nechtssatz gesucht wird, mit unter den Tatbestand
jenes Obersatzes, so ist der angewendete Rechtssatz in diesem
Obersatze gegeben. Hierbei wird stets eine Schranke zu be-
achten sein: man wird den Obersatz nicht so allgemein fassen
dürfen, daß er mit positiv gesetztem Recht in Widerspruch gerät.
Diese Schranke hat Titze überschritten.
Er will die Bestimmungen über den Gläubigerverzug
analog anwenden, d. h. er sucht den allgemeineren Rechtssatz,
auf den diese zurückgehen. Er muß zu diesem Zwecke aus dem
Tatbestand des Gläubigerverzuges an die Stelle der Erfüllungs-
handlung einen allgemeineren Begriff setzen und wählt als
solchen den der Willenserklärung. An Stelle der „Nicht-
annahme der angebotenen Leistung" aber setzt er „Unterbleiben
des Zugehens der Erklärung aus Gründen, die in der Person
des Adressaten liegen".
Beides ist bedenklich. Erfüllungshandlungen sind durch-
aus nicht immer Willenserklärungen des Schuldners. Wollte
man zu Titz es Ergebnis kommen, so müßte man bis zu einem
Begriff zurückgehen, der sowohl die Erfüllungshandlungen wie
die Willenserklärung deckt, d. h. bis zum Begriff der Hand-
lung.
Was aber die Gründe des Ausbleibens des Erfolges
der Handlung betrifft, so verengert T i tz e in unzulässiger Weise
den Begriff der „Nichtannahme der angebotenen Leistung",
wenn er lediglich Gründe, die in der Person des Gläubigers
liegen, gelten läßt. Denn, es kann keinem Zweifel unterliegen,
daß der Gläubiger auch dann in Verzug kommt, wenn er die
gekauften Pferde nicht nehmen kann, weil sein Stall abgebrannt
ist, oder wenn er nicht rechtzeitig beim Schuldner zur Abholung
eintrifft, weil er unterwegs verunglückt ist. Man wird demnach