Literatur.
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gründlichsten Weise genügt hat. Im ersten Kap. wird die Entwicklungs-
geschichte des Familienfideikommisses gegeben. Sie hebt an von dem bereits
in dm Römischen Ouellen vorkommenden fideicommissum quod familiae
relinquitur; daran reiht sich die Geschichte und Kritik der Doktrin, die be-
kanntlich von dem Römischen Institut ausgeht. Am Schlüsse dieser Ent-
wicklung gelangt der Verfasser dazu, die Begriffsbestimmung der Familien-
fideikommisse aufzustellen und sein Thema gegenüber den verwandten Gebieten
der Stammgüter und dem Familiengut des hohen Adels näher abzugränzen.
Er definirt das Familienfideikommiß als ein Institut, welches darauf beruht,
daß gewisse Güter durch eine Privatdisposition für unveräußerlich erklärt
werden, um in einer Familie zur Erhaltung des Ansehens derselben, bis
zum Aussterben derselben von Generation Zu Generation vererbt zu werden.
Diese Definition wird auch von denen für zutreffend erachtet werden, die in
Bezug , auf die Gegensätze, welche der Verfasser aufstellt, nicht mit ihm über-
einstimmen. Der Verfasser sieht nämlich den Unterschied des Familienfidei-
kommisses von den Gütern des hohen Adels darin, daß die Unveräußerliche
keit der letzteren auf autonomischer Bestimmung beruht. Die Autonomi-
aber erscheint ihm als Rechtsquelle, er steht hier wie in Bezug auf die An-
nahme eines genossenschaftlichen Prinzips für die Familie des hohen Adels
entschieden auf dem Standpunkt von Beseler. Die Fragen, bezüglich deren
der Verf. in dieser Weise Partei nimmt, gehören zu den bestrittensten des
Deutschen Privatrechts, er selbst wird Gelegenheit nehmen in unserer Zeit-
schrift seine Ansicht näher auszuführen und zu vertheidigen.
In den drei folgenden Kapiteln des Werkes werden die Errichtung, die
Rechtsverhältnisse der Interessenten und der Untergang des Familienfidei-
kommisses dogmatisch erörtert. Der Verfasser geht überall vom gemeinen
Recht aus; vom Standpunkt desselben verwirft er mit Recht die im vorigen
-Jahrhundert vielfach vertretene Theorie vom sog. getheilten Eigenthum,
welche dem jeweiligen Fideikommißbesitzer lediglich das Nutzungseigenthum,
das Obereigenthum am Fideikommißgut dagegen der Familie zuschreibt. Da
diese Theorie auch in das Preußische Landrecht Eingang gefunden hat, so
mag bemerkt werden, daß der Verfasser hier wie im ganzen Verlauf seiner
Darstellung die Bestimmungen der Partikularrechte und namentlich des
Preußischen Rechts zur Vergleichung heranzieht und eingehend würdigt, so
daß seine Erörterungen auch für die hartikularrechtliche Jurisprudenz frucht-
bar gemacht sind.
Die Untersuchung des Verfassers ist höchst eingehend und durchweg von
dem Streben geleitet, in das Detail einzudringen. Ja er wird hierbei bis-
weilen u. E. zu weit geführt. Wenn er z. B. S. 205 fg. versucht, bis
ins Einzelne festzustellen, welche Veränderungen der Fideikommißbesitzer am
Fideikommißgut vorzunehmen befugt sei, wenn dabei u. A. die Fragen auf-
geworfen werden, ob er einen Saal in mehrere kleine Stuben, einen Bibliothek-
saal in einen Tanzsaal verwandeln, ob er einem Portal eine andere Lage
geben, eine Rampe oder Veranda wegräumen dürfe und dgl. m., so fragt
sich doch, ob dies noch in den Bereich einer theoretischen Darstellung gehört.
Eine abstrakte Entscheidung über solche Fragen zu geben, die sich in jedem
besonderen Fall verschieden gestalten müssen, wird immer mißlich sein. Jn-
deß räumen wir gern ein, daß stch in dieser Hinsicht ein absolutes Maß