Full text: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen (Bd. 3 (1869))

Literatur.

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wonach das durch die Investitur erworbene Recht wieder als ein relativ
dingliches erscheint (S. 38—42). In der Folgezeit wird nach dem Ver-
fasser diese Auffassung, welche in der Lehre von der investitura abusiva
zum Ausdruck gelangt, zur communis opinio. Das durch die investitura
abusiva übertragene Recht unterscheide sich insofern von dem Römischen ins
in re, als der Vasall dadurch nur eine Forderung gegen den Herrn auf Ein-
weisung in den Besitz des Guts bekomme, von der obligatio, als der Vasall
die Möglichkeit erhalte, sich durch Realexekution in den Besitz der verliehenen
Sache zu setzen, woraus weiter folge, daß, da derselbe hierdurch nur den
Besitz, nicht aber zugleich ein dingliches Recht erhalte, dieses schon durch
die Investitur übertragen werde. Als technische Bezeichnung für dieses Recht
werde zuerst von Jacobus de Ravanis der Ausdruck ins ad rem gebraucht,
welcher nicht dem canonischen Recht angehöre (S. 42 — 62).
Die Vermischung des germanischen dinglichen Vertrags mit den Römisch-
rechtlichen Obligationen, aus denen die Gloffatoren und Commentatoren eine
Realexekution gaben, wurde nach ihm durch den Umstand befördert, daß in
den der Zeit der Volksrechte angehörenden Rechtsdenkmälern der dingliche
Vertrag mit der ihm zu Grunde liegenden obligatorischen causa identificirt
wurde, sowie namentlich, daß in den Deutschen Rechtsquellen bei gewissen
in Wahrheit dinglichen, aber als obligatorisch bezeichneten Verträgen der
Traditionswille in dem Sinne für gebunden gilt, „daß er den Uebergang
der zu gebenden Sache von sich auf einen anderen nicht mehr rückgängig zu
machen im Stande ist." Die Einwirkung beider Umstände auf die Römische
Obligation ist nach dem Verfasier in Italien durch das longobardische Recht
vermittelt (S. 64 — 70). Einen wesentlichen Einfluß auf die Zulassung
der Realexekution bei gewissen Obligationen und auf die Auffassung derselben
habe dann noch das Longobardische Lehnrecht mit der Lehre von der investitura
propria und abusiva geübt. Dafür, daß ein solcher Einfluß stattfinden
mußte, macht der Verfasser Folgendes /geltend. Die Realexekution sei für
unzweifelhaft zulässig gehalten worden bei dem Römischrechtlichen obligationes
ad dandum. Dagegen sei es seit den Zeiten der Gloffatoren her controverS
gewesen, ob dasselbe hinsichtlich der auf ein tradere gerichteten Obligationen
gelte. Die Einen hätten Realexekution bei dem tradere des venditor ein-
treten lassen, wenn dieses überhaupt dem Schuldner möglich wäre. Andere
dagegen nur Geldcondemnation auf das Interesse zugelaffen. Daneben habe
sich eine Mittelmeinung gebildet und sei durch Bartolus und Baldus die
herrschende geworden. Nach dieser sollte Realexekution eintreten, wenn die
Sache im Besitz des venditor war, sonst aber nur Verurtheilung in das
Interesse. Wären aber durch dieses Einschieben des Erfordernisses des Eigen-
thums resp. des Besitzes auf Seiten des debitor die auf das tradere einer
Species gerichteten Obligationen den dinglichen Verträgen ähnlich gemacht
worden, so hätte es von Einfluß sein müssen, daß in II. F. 26 §. 15 die
Realexekution bei einem tradere und auf Grund der Investitur statuirt wird,
die als investitura abusiva als ein dinglicher Vertrag gegolten. Von noch
größerem Einfluß habe der Umstand sein müssen, daß in der angeführten
Stelle die Frage, ob der dominus zum tradere zu zwingen oder in das
Interesse zu condemniren sei, in derselben Weise behandelt werde, wie es die
Gloffatoren und Commentatoren hinsichtlich des Kaufvertrags thäten, sowie
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