Full text: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen (Bd. 3 (1869))

28 von MiLtelstaedL: Die Form der Mündlichkeit und.Schriftlichkeit
8. Der Antrag muß motivirt sein und die Bescheinigung der Zu-
stellung an den Gegenanwalt enthalten. 7 _ ' 7
9. Die Verfügung des Gerichts ist beiden Anwälten zuzustellen.
10. Durck den fruchtlosen Ablauf einer Frist erhält derjenige An-
walt, welcher die Frist gesetzt hatte, das Recht, dem Gegenanwalte die
Anberaumung eines Audienztermines mit dreitägiger Frist anzukündigen.
11. Die Ankündigung darf nicht erfolgen, wenn ein Fristverlän-
gerungsantrag gestellt und dem Gerichte eingereicht ist, auf welchen
Die Verfügung des Gerichtes noch nicht zugestellt ist.
12. Sobald die dreitägige Frist nach dieser Ankündigung verlaufen
ist, tritt das Recht des ankündigenden Anwaltes zur Betreibung der
Termins-Anberaumung ein.
13. Bis zur Zustellung des betreffenden Aktes ist der Gegenanwalt
zur Einreichung des geforderten Schriftsatzes berechtigt.
14. Die Zustellung des auf Anberaumung eines Audienztermines
gerichteten Aktes schließt die Vorverhandlung in kaeto.
15. Die Erweiterung des Sachverhaltes, die Abänderung und Er-
weiterung der Anträge, die Anstellung einer Widerklage ist bis zum
Schluffe des Vorverfahrens zulässig.
16. Zugeständnisse werden nicht vermuthet.
8. 4.
Die mündliche Verhandlung.
Es fragt sich: Die Geltung welcher Grundsätze für die
mündliche Verhandlung dient dem Grundsätze der Voll-
ständigkeit und Sicherheit der Information des Richters?
Der Zweck der mündlichen Verhandlung ist die Information des
Richters; diejenige Gestaltung der mündlichen Verhandlung wird also
die vollkommenste sein, welche die größte Vollständigkeit und die größte
Sicherheit der Information des Richters garantirt. ^
1. Die Vollständigkeit der Information des Richters.
Der Richter ist beschränkt auf dasjenige Sachverhältniß, welches die
Partei seiner Entscheidung zu Grunde gelegt wissen will. Dieser Satz
scheint dahin zu führen, daß jede Information des Richters vollständig
und daß der Richter nicht einmal befugt sei, auf Ausdehnung der ihm
ertheilten Information hinzuwirken. Eine mißverständliche. Auffassung
der s. g. Verhandlungsmaxime hat denn auch in der That. zu dem Un-
fuge geführt, daß der Richter die Abweisung einer Klage oder einer
Einrede ausspricht, weil ihm noch diese oder jene Information in Be-
treff derselben fehle. Dem gesunden Menschenverstände ist es unbe-
greiflich, wie ein Richter sich auf Unkenntniß faktischer Umstände berufen
kann, bevor er versucht hat, sich durch Fragen die mangelnde Kenntniß
zu verschaffen.
Die Partei behauptet ein Rechtsverhältniß und zur Begründung
der Entstehung desselben verschiedene Fakta; die Fakta genügen aber
nicht, um das Rechtsverhältniß zu begründen; also ist die Information
unvollständig. Wenn der Richter nun dazu berufen ist, sein Urtheil

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