Full text: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen (Bd. 3 (1869))

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, und das sogenannte Prinzip der Mündlichkeit.
von selbst, daß -dasjenige Material, welches in diesem Stadium nicht
gesammelt ist, als verspätet erscheint. Wenn es also überhaupt
eine Gliederung des Prozesses giebt, so ist der Begriff der
Verspätung niemals ausgeschlossen. Ein zur Sammlung des
Prozeßstoffes bestimmtes Stadium rst oas Vorverfahren.
§.3.
Das Vorverfahren.
Es fragt sich: Die Geltung welcher Grundsätze im Vor-
verfahren dient dem Grundsätze der Vollständigkeit und
Sicherheit der Information des Richters?
Der Zweck des Vorverfahrens ist die Information der Parteien,
um die demnächstige Information des Richters vorzubereiten. Das-
jenige Vorverfahren wird also das vollkommenste sein, welches die voll-
kommenste Information der Parteien garantirt. Je vollständiger die
Herrschaft der Parteien über das bei der richterlichen Information zur
Geltung kommende Material ist, desto mehr ist die Sachgemäßheit,
Vollständigkeit und Sicherheit der richterlichen Information garantirt.
Zu unterscheiden ist die Form und der Inhalt der Information.
In Betreff der Form bedarf es einer Regel für den Fall, daß die
Parteien nicht über eine andere Form einig sind. Wenn zwei Menschen
das gleiche Interesse haben, sich über ein Streitverhältniß gegenseitig
aufzuklären, so werden sie die für den vorliegenden Fall angemessene
Form am besten selbst finden. Es mag in dem einen Falle ein Ge-
spräch genügen, in dem anderen Falle die schriftliche Formulirung des
Sachverhaltes und der Streitpunkte zweckmäßig sein. Die für den Fall
des mangelnden tzuten Willens aufgestellte Regel darf deshalb die freie
Einigung über eine andere Form nicht ausschließen.
Was den Inhalt der Information angeht, si> handelt es sich um
die Vollständigkeit derselben. Welche Information ist vollständig?
Da die Partei berechtigt ist, zu bestimmen, welches Material sie dem
Richter übergeben will, so ist diejenige Information vollständig, welche
alles Material zur Kenntniß der Parteien bringt, in dessen Grenzen sich
die demnächstige Information des Richters bewegen soll. Diese Voll-
ständigkeit wird alsdann erreicht werden, wenn die Partei das Interesse
hat, ihre Gegenpartei vollständig zu informiren. Und dieses Interesse
ist schon dadurch geschaffen, daß der Charakter des Vorverfahrens als
des zur Information der Parteien bestimmten Verfahrens anerkannt
wird, indem daraus folgt, daß diejenige thatsächliche Anführung in der
mündlichen Verhandlung, über welche die Gegenpartei nicht informirt
worden ist, keinen regelmäßigen Platz im Prozesse findet, und als
novum der Gefahr der Ausschließung wegen chikanöser Zurückhaltung
unterworfen wird. Das eigene Interesse oer Parteien sorgt also für
die Vollständigkeit der Information.
Es tritt die fernere Frage auf: Welche Behauptung ist ein
novum? Wenn jede Behauptung, welche im Vorverfahren nicht aus-
gedrückt ist, als ein novum sich durch den Richter erst die besondere Er-

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