Full text: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen (Bd. 3 (1869))

und das sogenannte Prinzip der Mündlichkeit.

15

Deshalb führten die Reichsgesetze, von der Kammergerichtsordnung
von 1500 an bis zum jüngsten Reichsabschiede, nach und nach die
Eventualmaxime ein, welche bis auf die neue Zeit fortgebildet ist, und
gegenwärtig als unentbehrliches Mittel zur Abwehr der Chikane in
bedeutender Achtung steht. Da die schriftliche Form des gemeinen
Prozesses die Durchführung der Eventualmaxime insofern begünstigt,
als sie jedem Vorbringen im Prozesse sein Geburtszeugniß ausstellt,
so heißt die unentbehrliche Eventualmaxime eine Geburt der Schrift-
lichkeit und bildet für die Gegner der Mündlichkeit eine starke Position.
Denn, wenn die Eventualmaxime unentbehrlich ist, und wenn die
Mündlichkeit die Beurkundung der Zeit jedes Vorbringens nicht zuläßt,
also der unentbehrlichen Eventualmaxime widerspricht, so ist die Münd-
lichkeit unbrauchbar.
Ich bestreite nun sowol die Unentbehrlichkeit der Even-
tualmaxime als auch, daß dieselbe, soweit sie überhaupt
berechtigt ist, in dem mündlichem Verfahren keinen Platz
findet:
Zunächst leuchtet sofort ein, daß ein Grundsatz, welcher, um
der Chikane entgegenzutreten, alle nicht zur vorgeschrie-
benen Zeit geltend gemachten Behauptungen aus dem Pro-
zesse ausschließt, welcher sich also nicht damit begnügt,
die chikanöse Prozeßführung abzufchneiden, sondern ohne
Unterscheidung auch die zur Vollständigkeit der richterlichen
Information nothwendigen uovu unterdrückt, über seinen
eignen Zweck hinausgeht, dem Zwecke des Prozesses, der
Auffindung des wirklichen Rechtes, und in spevie dem
Grundsätze der möglichst vollständigen Uebergabe des Pro-
zeßmaterials an den Richter, entschieden entgegenwirkt.
Nicht selten unterstützt die Eventualmaxime gerade die Chikane, zu
deren Unterdrückung sie bestimmt ist: Die Klage ist auf Zahlung eines
Hauskaufpreises gerichtet. Der Verklagte erhebt den Einwand der Zählung,
legt Quittung vor und erwirkt die Abweisung der Klage in erster Instanz.
Im Audienztermine zweiter Instanz tritt der Kläger Gegenbeweis gegen
die behauptete Zahlung an, und es ergiebt sich folgender Sachverhalt:
Der Verklagte hat die Heirath seiner Schwester mit dem Kläger gegen
den Willen seiner Familie zu Stande gebracht; aus Dankbarkeit hat

mationis seu deficientis legitimationis ad processum, deficientis mandati, in-
sufficientis mandati, revocati mandati, deficientis facultatis substituendi, inad-
missibilitatis ad praxin; exceptio non communicati libelli, inepti libelli,
generalis libelli, obscuri libelli, alternativi libelli, contrarietatis, ineptae
cumulationis; exceptio deficientis citationis, non legitime factae insinuationis,
non expressae causae citationis, loci non tuti, termini angusti, diei feriati,
inversi ordinis procedendi; exceptio plus petitionis, pacti conventi temporalis,
moratorii, spolii, excussionis s. ordinis, laudationis, competentiae, exceptionum
non intellectarum. Nachdem aus diesem Verzeichnisse der vor Beginn der Sache
möglichen Einreden schon jedem Verklagten eine schöne Auswahl zu Gebote, gestellt
ist, werden erst die Prozeß-hindernden Einreden, litis ingressum impedientes,
demnächst die zerstörlichen Einreden, peremtoriae, zur Disposition gestellt und außer-
dem bietet jede einzelne Sache noch Gelegenheit für besondere Einreden dar.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer