Full text: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen (Bd. 3 (1869))

und das sogenannte Prinzip der Mündlichkeit. 13
Wir ^ haben also den Satz gefunden: Mündlichkeit wie
Schriftlichkeit sind keine Prozeßprinzipien, sondern For-
men der Uebergabe des Prozeßmaterials an den Richter.
Die Bedeutung der mündlichen Form besteht in der Un-
mittelbarkeit und in der eben darum erhöhten Sicherheit der
Information des Richters; die Bedeutung der Schriftlich-
keit, außer in dem Ersätze der Mündlichkeit, in der Fixirung
und Beurkundung des Prozeßmaterials, gleichfalls zum
Zwecke der größeren Sicherheit der Information des Rich-
ters. Ueber das Maaß der Anwendung der Mündlichkeit
wie der Schriftlichkeit entscheidet das Verhältniß derselben
zu dem Zwecke des Prozesses.
Wenn nun der Zweck des Prozesses bestimmt bezeichnet ist, so
handelt es sich noch um die Frage, welcher dieser Aussatz eine Lösung
zu geben beabsichtigt: „Welches Maaß der Anwendung der
Mündlichkeit und der Schriftlichkeit dient dem Zwecke des
Prozesses?" Da die Sckriftlichkeit und Mündlichkeit Formen der
Uebergabe des Prozeßmaterials sind, so scheint sich diese Unter-
suchung auf die Gestaltung des Aktes der Uebergabe des Prozeßmaterials
an den Richter zu beschränken.. Da indessen dieser Akt. der Uebergabe
des Prozeßmaterials, als das Ziel aller Verhandlung von der Gestal-
tung des ganzen Prozesses, beeinflußt wird, so kann sich schon deshalb
die Frage nach dem anzuwendenden Maaße der Mündlichkeit oder
Schriftlichkeit nicht auf diesen Akt allein beschränken, sondern wird ver-
schiedene Stadien des Prozesses in ihren Kreis hineinziehen, welche die
Wirksamkeit dieses Aktes bedingen oder unterstützen. Da ferner die
Berechtigung jeder dieser beiden Formen, Schriftlichkeit und Mündlich-
keit, von ihrer Bedeutung für die Information des Richters abhängt,
so wird dieser Aufsatz nicht umhin können, seine Grenzen bis zu der
Frage zu erweitern: Welche Gestaltung des Prozesses dient
dem Grundsätze der Vollständigkeit und Sicherheit der
Information des Richters, welche zu fördern die Form der
Uebergabe gleichfalls die Bestimmung hat? Aus dieser Un-
tersuchung wird sich das Maaß der Anwendung der Mündlichkeit und
Schriftlichkeit in allen Fällen ergeben.
Von den Grundsätzen, welche wir darauf prüfen wollen, ob und
wie weit sie diesem Grundsätze dienen, begegnet uns zunächst die s. g.
Eventualmaxime.

§2.
Die Eventualmaxime.
Es fragt sich: Welche Gestaltung der Eventualmaxime
dient dem Grundsätze der Vollständigkeit und Sicherheit
der Information des Richters?
Es kann eine Mehrzahl von Behauptungen im Prozesse insofern
auf gleicher Stufe stehen, als sie dieselben Bedingungen für die Zulässig-
keit oder Unzulässigkeit der Klage enthalten; oder insofern auf gleicher

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