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Kuttner,
beziehungen auf die hier fragliche Adoption schlechterdings nicht
paffen würden; an der Unanwendbarkeit dieser Bestimmungen
im vorliegenden Fall — so hat man geschloffen — sei der
grundsätzliche Standpunkt des Gesetzes zu erkennen: daß es
die Adoption des unehelichen Kindes durch die leibliche Mutter
als ausgeschlossen betrachte *).
Allein alle in dieser Hinsicht vorgebrachten Einwendungen
erweisen sich bei näherer Prüfung nicht als stichhaltig.
2) Man hat zunächst die Benennung unseres Instituts,
die Bezeichnung als „Annahme an Kindes Statt" in sprach-
licher Beziehung zu verwerten gesucht und behauptet, die An-
nahme des eigenen unehelichen „Kindes" „an Kindes Statt"
sei sprachlich eine contradictio in adiecto1 2 3 4).
Indessen einer derartigen Auslegung des Gesetzes wird
man nicht ohne Grund vorwerfen dürfen, daß sie „an dem
buchstäblichen Sinne des Ausdrucks Kaste, ohne den wirklichen
Willen des Gesetzes zu erforschen" ^), nachdem man einmal
erkannt hat, daß ein begrifflicher Widerspruch bei einer
solchen Adoption nicht besteht.
Zudem verschwindet auch diese sprachliche Unstimmigkeit
sofort, wenn man sich erinnert, daß der Ausdruck „Annahme
an Kindes Statt" nur eine abgekürzte Formel für „Annahme an
ehelichen Kindes Statt" darstellt^).
1) So namentlich Francke, S. 20; im Französischen Recht: Demo-
lombe, VI S. 42—44; Benech, S. 143.
2) So Conrades, a. a. O.; Francke, S. 19. Aehnlich Benech,
S. 161 f.; „Quand vous dites que vous adoptez un enfant naturel . .
vous faussez et vous corrutnpez meme le language ordinaire et familier
de la vie; car personne ne s’est jamais servi du mot „adopter" pour
indiquer une chose qui lui etait dejä propre."
3) Vevgl. Mourlon, Rep4titions eerites sur le Code civil, Bd. 1
(12we ed. 1884) S. 538: „Cette objection est trop scolastique pour $tre
juste".
4) Siehe oben S. 19 bei Note 10.