Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 47 = 2.F. 11 (1904))

Der sog. Rechtserwerb vom Nichtberechtigten.

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obrigkeitlichen Akt sind verhältnismäßig seltene Erscheinungen;
sie treten überdies vielfach nicht ohne Schuld des Betroffenen
ein. Wo aber an derselben Sache neben dem Eigentum ein
Recht besteht, das mit der Veräußerungsbefugnis bewehrt ist,
da unterliegt das Eigentumsrecht selbst einer Beschränkung und
wird durch die Entfaltung jenes Rechts in dem ihm zu-
kommenden Bereich nicht verletzt.
Aber die Verfügungen Unberechtigter müssen — so scheint
es — machtlos am Eigentumsrecht abprallen. Und gleichwohl.
erheben sich gegen eine unbedingte Durchführung dieses Schutzes
Bedenken vom Standpunkt der Verkehrssicherheit. Man er-
wäge. Daß bei einem die Veräußerung der Sache bezweckenden
Rechtsgeschäft der Veräußernde der Eigentümer ist, entzieht sich
der äußeren Wahrnehmung und ist oft auch bei genauer Nach-
forschung mit Sicherheit nicht festzustellen; der Veräußerer kann
sich selbst darüber täuschen. Gewisse Umstände können aber
das Vertrauen des Erwerbers erwecken und rechtfertigen, daß
sich jenes Erfordernis in Ordnung verhält. Gestützt hierauf,
zahlt er vielleicht den Kaufpreis, hat die Sache Jahre in wirt-
schaftlicher Verwendung oder er hat sie weiter veräußert, um
plötzlich der Enttäuschung zu unterliegen, daß er nicht Eigen-
tümer geworden sei; er muß die Sache herausgeben, wenn
er sie noch hat, im Fall der Weiterveräußerung seinem Ab-
nehmer wegen Entziehung der Sache Ersatz leisten. Hierin
liegt zweifellos eine schwere Gefährdung des Verkehrs.
Denselben Anspruch auf Erhaltung wie das Eigentum
haben die andern an der Sache haftenden Rechte, Pfandrechte,
Dienstbarkeiten u. s. w. Aber auch ihre unbedingte Aufrecht-
erhaltung jedem Wechsel im Eigentum gegenüber würde kaum
minder bedenkliche Folgen äußern. Was nützt dem Erwerber
das Eigentum, wenn sich hinterher an der Sache ein Pfand-
recht entpuppt, kraft dessen ihm der Wert vielleicht völlig ver-

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