Volltext: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 47 = 2.F. 11 (1904))

Rechtssicherheit und Verkehrssicherheit.

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der Auslegung und der Erfüllung von Verträgen Anwendung
finden soll (B.G.B. §§ 157, 242), auch hier wieder einmal
anrufen will. Trotzdem ist mir die Auffassung des Reichs-
gerichts durchaus sympatisch, soweit wirklich der Wille des
Eingetragenen die Grundlage der Entscheidung bildet,
mag dieser Wille nun im positiven Handeln oder im Unter-
lassen sich als gefährlich für das Publikum erweisen. Aber
einmal fragt es sich doch sehr, ob nicht auch hier ein schuld-
haftes Handeln oder Unterlassen vorauszusetzen ist, und so-
dann darf man nicht vergessen, daß die Erklärung vor dem
Regiftergericht keineswegs immer ein freier Willens-
akt der Beteiligten ist, daß vielmehr die Anmeldung
wider ihren Willen vom Registergericht erzwungen, die bean-
tragte Eintragung (Löschung oder Aenderung einer eingetragenen
Tatsache) vom Registergericht abgelehnt werden kann. Soll der
Eingetragene auch für eine unrichtige Erklärung aufkommen,
die er gegen seine eigene Ueberzeugung, ja vielleicht unter
Protest vor dem Registergericht abgegeben hat? Oder für eine
unrichtige Eintragung, die trotz seines ausdrücklichen Protestes
im Register nicht gelöscht oder nicht abgeändert ist? Und wenn
ein Beteiligter, um die Löschung oder Aenderung einer Ein-
tragung zu bewirken, einen langwierigen Prozeß gegen einen
anderen Interessenten führt, muß er so lange die Eintragung
gegen sich gellen lassen, zumal dann, wenn er sie anfangs für
berechtigt hielt und erst später zu besserer Einsicht gekommen
ist? Es leuchtet ein, daß in allen diesen Fällen der vom Reichs-
gericht ausgestellte Grundsatz entweder völlig versagt oder in
der Anwendung zu den größten Zweifeln und Schwierigkeiten
führt. Er ist ein Notbehelf, mit dem derjenige sich befreunden
kann, welcher dem Handelsregister den vom Gesetz versagten
„öffentlichen Glauben" zuerkennen möchte, nicht aber derjenige,
welcher den öffentlichen Glauben hier prinzipiell bekämpft.
XL VII. 2. F. XI. 22

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