Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 47 = 2.F. 11 (1904))

Rechtssicherheit und Verkehrssicherheit.

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getragen oder eine zu Recht bestehende Beschränkung eines ein-
getragenen Rechts nicht eingetragen ist, so bewirkt die Ein-
tragung genau das Gegenteil von dem, wofür sie bestimmt
ist, sie gefährdet die Rechtssicherheit, statt sie zu schützen. Als-
dann erscheint als das Mindeste, was von der Rechtsordnung
verlangt werden muß, die Herstellung des legitimen Zustandes
durch Berichtigung des Registers, aber auch diese Möglichkeit
wird — wie vorhin bereits angedeutet und gleich nachher
näher auszuführen ist — dem Berechtigten häufig im Interesse
der Verkehrssicherheit vereitelt, sein Recht also durch das In-
stitut der öffentlichen Bücher nicht nur gefährdet, sondern ge-
radezu vernichtet. Damit aber gelangen wir zu einer weiteren,
und zwar der wichtigsten Anforderung, die an das Privatrecht
im Interesse der Rechtssicherheit gestellt werden muß.
II.
Zur Rechtssicherheit gehört nämlich vor allem, daß der
Berechtigte einen gesicherten Rechtsbeftand hat, d. h.
daß einBerluft und eine Beeinträchtigung seines
Rechts nicht ohne seinen Willen eintreten kann:
dies wird im engeren und eigentlichen Sinne unter „Rechts-
sicherheit" verstanden, und hier ist es eben, wo Rechtssicherheit
und Verkehrssicherheit leicht miteinander in Konflikt geraten.
Die meisten subjektiven Privatrechte kann man sich nämlich
in einer zwiefachen Situation vorstellen: als ruhende und
als wandernde. Soweit sie einen Vermögenswert zum In-
halt haben, sind sie in der Regel übertragbar, d. h. sie brauchen
nicht von dem Ersten, dem sie zustehen, ausgeübt, eventuell also
erschöpft zu werden, sondern sie können auch auf eine andere
Person, von dieser wieder auf eine dritte u. s. f. übergehen:
wir sagen dann, sie sind verkehrsfähig, stehen im Verkehr.
Diese Möglichkeit einer Wanderung des Rechts ist äugen-

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