Laband: Das Budgetrrcht nach den Bestimmungen
ein Budgetgesetz, welches die Frage der vollständigen Deckung 'der be-
schlossenen Ausgaben theilweise ungelöst lassen wollte, würde als voll-
ständig vereinbart nicht angesehen werden können. Auf solche Weise
könnte ein Staatshanshalts-Etats-Gesetz zu Stande kommen, während
möglicher Weise die danach vorbehaltene, aber unerläßlich nothwendige
fernere Vereinbarung über die Deckungsmittel nicht erzielt werden könnte.
Denn unzweifelhaft steht einem jeden der Faktoren der Gesetzgebung die
Berechtigung zu, die zur Beschaffung der fehlenden Mittel erforderlichen
neuen Steuern oder Anleihen nicht zu bewilligen. Gerade hieraus
ergiebt sich aber die Nothwendigkeit, die beiden oben gedachten Opera-
tionen nicht von einander zu trennen."
Dies ist allerdings vollständig richtig, daraus folgt aber noch keineswegs,
daß das Herrenhaus nur dieWahl hat, die vom Abgeordnetenhaufe beschlosse-
nen Bestimmungen über die Deckung der Staatsbedürfnisfe en bloc
und unverändert anzunehmen oder sie mitsammt dem ganzen Etat zu
verwerfen. Die richtige Lösung ist vielmehr die, daß das Abgeordneten-
Haus die Genehmigung des Etats und die Genehmigung der zur Deckung
des Defizits erforderlichen gesetzlichen Anordnungen zwar gesondert, aber
als zusammengehörig, also sich gegenseitig bedingend ertheilt; io daß die
Genehmigung des Etats nur unter der Bedingung erfolgt, daß die Be-
schlüsse über die erforderlichen Deckungsmittel Gesetzeskraft erlangen,
und ebenso die letzteren nur für den Fall Kraft haben, daß der vom
Landtag beschlossene Etat im Wege der Gesetzgebung festgestellt wird.
Das Herrenhaus kann alsdann den Etat selbst zwar nur im Ganzen
genehmigen, an dem dazu gehörigen Gesetze über Beschaffung der er-
forderlichen Geldmittel dagegen sowohl hinsichtlich der formellen Re-
daktion als hinsichtlich der materiellen Bestimmungen die ihm wün-
schenswerth erscheinenden Abänderungen wie bei jedem anderen Gesetze
beschließen. Dasselbe gelangt dann zu nochmaliger Berathung an das
Abgeordnetenhaus, bis beide Häuser über Inhalt und Fassung des Ge-
setzentwurfs sich verständigt haben. Erst wenn derselbe durch Sanktion
der Krone zum Gesetz geworden ist, erlangt auch die Feststellung des
Etats, der jenes Gesetz zur Voraussetzung hat, rechtliche Gültigkeit. In
dieser Weise wird sowohl der synallagmatische Zusammenhang zwischen
dem Staatshaushalts-Etat und den Anordnungen zur Beschaffung der
erforderlichen Mittel als auch das Recht des Herrenhauses zur freien
Mitwirkung bei der Gesetzgebung gewahrt.
Unsere Ausführung darf aber nicht etwa so mißverstanden werden,
als hielten wir jede wirklich legislatorische Anordnung, die im Etats-
gesetz getroffen wird, für ungültig, weil sie nicht auf dem ordentlichen
ZLege der Gesetzgebung, sondern unter Ausschluß des Amendirungsrechtes
des einen Faktors der Gesetzgebung zu Stande gekommen ist. Denn es
steht dem Herrenhause ja unbezweifelt frei, auf sein Amendirungsrecht
zu verzichten und jeden ihm vorgelegten Gesetzentwurf unverändert an-
zunehmen. Was wir beweisen wollen, ist nur die Befugniß des Herren-
hauses, zu verlangen, daß der Etats-Gesetzentwurf von allen gesetzlichen
Anordnungen purifizirt und aus eine bloße Feststellung der Einnahmen