Der Besitz beweglicher Sachen.
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liegen. Gewohnheitsrecht ist schwer zu desiniren, wir verstehen
darunter gewöhnlich alles objektive Recht, das nicht Gesetzes-
recht ist, zum Theil unter einander nur sehr entfernt verwandte
Dinge. Einzelnen Zweigen des Gewohnheitsrechts könnte das
Gesetz das Leben verkümmern, es kann mit einiger Aussicht
auf Erfolg gewisse nicht allzu enge Schranken ziehen, ein all-
gemeines Verbot von dem Allen, das wir unter dem Namen
Gewohnheiten begreifen, einschließlich namentlich der verschie-
denen gerichtlichen Gebräuche, wäre nicht bloß irrationell,
sondern auch undurchführbar, ein Schlag ins Wasser, der
bösen Willen und Unvermögen zugleich bekundet. Unleugbar
liegt darin, daß die legislative Gewalt rechtlich (formal) un-
begrenzt ist, eine Gefahr: die mit der Ausübung Betrauten
können sich auch sachlich für ungebunden erachten und dann
auf die Jrrpsade weiland Kaiser Iustinians gerathen, den religi-
ösen Glauben rechtlich zu normiren, und die Historie nach-
träglich zu korrigiren (80. Irebellianum — 80. Pegasianum)
unternehmen. Auch die den besten Willen haben, begreifen
oft nicht, daß manches Gute weit sicherer durch ,,das Werden-
lassen „als durch ein „Machenwollen" zu erreichen ist. E. I
wie E. II sind zwei, insbesondere hinsichts der in den all-
gemeinen Theil verwiesenen Fragen, äußerst lückenhafte unzu-
längliche und auch „aus dem Geist der Rechtsordnung" durch-
aus nicht ausreichend zu ergänzende Gesetze; diese Lücken
dürsten mit diskreter Heranziehung der Entscheidungen des
Reichsgerichts und ausnahmsweise auch noch von Seuffert's
Archiv meist alle zu erfüllen sein. Und für die Zukunft wird
dringend zu wünschen sein, daß nicht gleich jeder junge Richter
daran gehe, bestehendes Recht umzuprägen; das Volk verlangt
vor allem nach Gleichmäßigkeit der Uebung, wie sie ohne
Respekt vor den Gewohnheiten und bewährter Praxis nie zu
gewinnen ist.