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L. Seuffert,
den Benefizialerben, aber doch nicht wohl, wenn die Eides-
leistung nur im Prozesse über bestrittene Behauptungen noth-
wendig wird.
Auch der gegen das Ende der Begründung aufgestellte
Satz, der in Frage stehende Eid sei nicht Beweismittel, son-
dern Voraussetzung für den materiellen Bestand des Vermächt-
nisses und werde daher weder durch den § 14 Ziff. 2 des
Einführungsgesetzes noch durch den Umstand berührt, daß die
Civilprozeßordnung einen derartigen Eid nicht kenne, ist nicht
einwandfrei. Wieso soll der Eid Voraussetzung für den ma-
teriellen Bestand des Vermächtnisses sein, da doch durch die
Eidesleistung das Nichtbestehen des Vermächtnisses festge-
stellt wird?
Vielleicht ließe sich die vom Reichsgerichte getroffene Ent-
scheidung etwas besser durch folgende Erwägungen begründen.
Die Vorschriften Iustinian's über das sog. Oralfidei-
kommiß sind theils materiellrechtlichen, theils prozeßrechtlichen
Inhalts. Dem materiellen Rechte gehört die Bestimmung an,
daß ein formloses Vermächtniß erfüllt werden müsse, wenn
es dem Erben oder einem Vermächtnißnehmer (mündlich?)
vom Erblasser auferlegt wurde; dem Prozeßrechte die Be-
stimmung, daß die Auflage eines solchen Vermächtnisses nicht
anders als durch Zuschiebung des (nicht zurückschiebbaren)
Haupteides erwiesen werden kann. Die prozeßrechtliche Be-
stimmung ist mit der materiellrechtlichen so eng verwachsen,
daß sie nicht beseitigt werden kann, ohne die ganze Einrichtung
des Oralfideikommisses von Grund aus zu verschieben.
In unklarer Erinnerung an die Zeit, wo die Erfüllung
der Fideikommisse nicht erzwingbar, sondern der Treue des
Fiduziars anheim gegeben war, haben Iustinian's legislatorische
Berather die Erfüllung formloser Vermächtnißauflagen eben-
falls auf die Gewissenhaftigkeit des angeblich Belasteten ab-