Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 34 = N.F. 22 (1895))

Besprechung reichsgerichtlicher Entscheidungen. 473
Die konkrete Voraussetzung des Kompetenzrechts kann,
wie schon hervorgehoben wurde, nicht bloß in jedem Augenblick
entstehen oder wegsallen, sondern sie kann auch in
jedem Augenblick sich vergrößern und vermindern.
Wer, um bei dem früheren Beispiel zu bleiben, zur Zeit
der Verurtheilung wegen einer Schuld von 10000 M. nur
noch in der Lage war, bei Wahrung seiner Kompetenz 5000 M.
zu zahlen, ist, wenn ihn ein weiterer Vermögensverlust von
3000 M. trifft, nur noch im Stande, 2000 M. zu leisten.
Soll er nun durch § 686 Abs. 2 C.P.O. gehindert sein, diesen
neuen Vermögensverlust geltend zu machen, so lange die
Schuld nicht von ihm beigetrieben ist? Zweifellos1) ist er
daran nicht gehindert, wenn er schon bei der ersten Verur-
theilung dafür gesorgt hatte, daß er nur zu 5000 M. ver-
urtheilt wurde. Denn dann kann er darauf Hinweisen, daß
die Gründe, welche ihn zu einem weiteren Abzüge von 3000 M.
berechtigen, erst nach der Verurtheilung entstanden bezw.
vollendet sind, ihrer Geltendmachung also § 686 Abs. 2 C.P.O.
nicht entgegensteht.
Aendert sich das nun, wenn der Schuldner vor der Ver-
urtheilung das Vorschüßen der Kompetenz versäumt hat? Das
ist der vom Reichsgericht nicht berührte Kernpunkt der Frage.
Er trat vor der C.P.O. weniger hervor, well eben damals
überhaupt die Geltendmachung des Kompetenzrechts in der
„Exekutionsinstanz" in erheblichem Umfange gestattet wurde
und insoweit eine Versäumniß des Kompetenzeinwandes ohne-
dies nicht eintrat. Aber auch nach dem Rechte der C.P.O.
ist die Frage zu verneinen, da § 686 Abs. 2 nicht entgegen-
steht und dringende Gründe der Billigkeit und Zweckmäßigkeit
dieses fordern.
l) Nur von dem oben S. 468 A. i bekämpften Standpunkte
Dernburg's aus würde man zu einem anderen Ergebnisse kommen.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer