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E. Holder,
wirklichen error in persona zu erklären. Demgegenüber hat
v. Scheurt (Das gemeine deutsche Eherecht, 1882, S. 141 fg.)
mit Zustimmung von Sehlrng (Deutsche Zeitschr. f. Kirchen-
recht, Bd. 1 S. 56 ff.) ausgeführt, jener Irrthum sei ein
wirklicher error in persona. In der That kann mein Irrthum
über den Gegenstand meiner Handlung überhaupt nur darin
bestehen, daß ich glaube, es komme ihm ein Merkmal zu, das
ihm nicht zukommt, oder es komme ihm ein Merkmal nicht
zu, das ihm zukommt, und jedes einem Gegenstände zukommende
Merkmal ist eine Eigenschaft desselben. Daß aber die Eigen-
schaft, über die ich irre, „nur einer Person, nicht mehreren
zukommen" und daher „durch sie die Person, welche sie besitzt,
bezeichnet werden kann", hat nicht zur Folge, wie v. Scheurl
sagt, „daß, wenn einer anwesenden Person diese Eigenschaft irriger-
weise beigelegt.. wird, jener Irrthum eigentlich die Bedeutung
der Vorstellung hat, sie sei diejenige andere wirkliche Person,
welcher diese Eigenschaft in Wahrheit zukommt". Wer den
ihm gegenüberstehenden A für den B hält, der hat eine falsche
Vorstellung nicht nur über den anwesenden A, sondern auch
über den abwesenden B. Wie er jenem irrthümlich die Eigen-
schaft zuschreibt, B zu sein, so schreibt er diesem irrthümlich
die Eigenschaft zu, ihm gegenüberzustehen. Er hat es zu thun
mit dem ihm gegenüberstehenden A und glaubt es zu thun
zu haben mit dem ihm gegenüberstehenden B oder mit einer
Person, die mit der Eigenschaft, B zu sein, die Eigenschaft
vereinigt, ihm zur Zeit gegenüberzustehen. Eine solche Person
giebt es aber nicht, so daß die Person, mit der er zu thun zu
haben glaubt, nicht exiftirt. Dasselbe gilt aber vom Irrthum
über eine Eigenschaft eines gegebenen Gegenstandes auch dann,
wenn es nicht um ein Individualisirungsmerkmal sich handelt.
Die volle Bestimmtheit eines Gegenstandes ergiebt sich durch
die Gesammtheit seiner, sei es ihm ausschließüch eigenen oder