Die Anfechtung der Ehe wegen Jrrthums über die Person. 9
Vielmehr kann ich ihn nur in bestimmten Beziehungen für
einen anderen halten durch die irrthümliche Annahme, daß er
mit der sowohl in Wirklichkeit als für mein Bewußtsein ihm
zukommenden Eigenschaft, mir zur Zeit hier gegenüberzustehen,
bestimmte andere Eigenschaften verbinde. Diese Eigenschaften
können solche sein, die verschiedene Gegenstände gleichmäßig
zu haben vermögen, oder solche, die nothwendig einem Gegen-
stände ausschließlich eigen, also gleich der von mir zur Bezeichnung
des Gegenstandes meiner Handlung verwendeten Eigenschaft
Individualisirungsmerkmale sind. Ein Irrthum über die
Identität liegt vor, wenn ich dem Gegenstände meiner Handlung
ein ihm nicht zukommendes Individualisirungsmerkmal zu-
schreibe. Die Meinung, daß die irrthümliche Annahme eines
solchen höhere Bedeutung habe als die irrthümliche Annahme
einer anderen Eigenschaft, beruht auf einer Verwechselung.
Man nimmt an, es liege im Begriffe des Individualisirungs-
merkmals, von wesentlicher Bedeutung für die Individualität
des dadurch bestimmten Gegenstandes zu sein. Man übersieht
dabei, daß jenes Merkmal zwar nothwendig einem bestimmten
Gegenstände ausschließlich eigen ist, dagegen für seme In-
dividualität ganz gleichgültig sein kann. Es bezeichnet das
Individuum, denn es reicht hin zu seiner Unterscheidung
von jedem anderen Individuum. Es bezeichnet aber nicht
nothwendig seine Individualität, da es ein Merkmal
sein kann, dessen ausschließliches Zutreffen für dieses bestimmte
Individuum auf beliebigen, für seine Individualität gleichgültigen
Umständen beruht.
Die Theorie und Praxis des kanonischen Rechts hat den
error tiualitatis in personam reäuväans oder den Irrthum
über eine die bestimmte Person von jeder anderen unter-
scheidende Eigenschaft in seiner rechtlichen Bedeutung dem
error in persona gleichgestellt, ohne ihn doch für einen