Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 61 = 2.F. 25 (1912))

Die Relativität der Begriffe und ihre Begrenzung usw. 381
Ausdehnung hat sich, soviel ich sehe, die Praxis zu eigen ge-
macht. Mit diesem Verzicht auf eine Begrenzung des Begriffs
der Geschäftsbesorgung ist nun aber das, was das Gesetz mit
ihm sagen will, in Wahrheit ganz aus der Vorschrift des
§ 675 ausgemerzt worden.
Jeder Rechtssatz, der sichere Auslegung fähig sein will,
muß einen erkennbaren Zweck haben. Das stellen die
Versuche, des § 675 Herr zu werden, aufs neue vor Augen.
Vermittels des aus dem Gesetz hervorleuchtenden Zweckes er-
hält das Gesetz, erhalten alle seine einzelnen Begriffe und
Wendungen, aus denen es sich aufbaut, Festigkeit. So wird
der Mangel beseiügt, der in der Unbestimmtheit der Begriffe
an und für sich enthalten ist, und der gesetzgeberische Gedanke
erhält jene Unverrückbarkeit, welche die Rechtssicherheit verlangt.
Schwer begreiflich ist nur, wie die rechtspolitische Absicht
des Gesetzgebers, die für die Wertung des Kleinsten wie des
Größten in den Mittelpunkt der Auslegungstätigkeit zu stellen
ist, von der Dogmatik des vergangenen Jahrhunderts so hat
vernachlässigt werden können. Muß sie doch ebenso für alle rein
wissenschaftlichen Untersuchungen der Ausgangspunkt sein,
wie sie ja auch sicher von vornherein das größte Interesse auf
sich zieht.
Ein Nutzen unserer Betrachtung scheint mir endlich darin
zu liegen, daß sie auf jene Quellen begriffsjuristischer Neigung.
Geschäft ähnlich der beim Aufträge sei, d. h. ob für die Ausführung
des Dienstes allein oder doch vorwiegend das Interesse des Dienst-
empfängers maßgebend sei. Offenbar wird damit versucht, auch hier
die ratio legis zur Deutung des mysteriösen Begriffs der Geschäfts-
besorgung heranzuziehen. Aehnlich schon Dernburg, Das bürger-
liche Recht Bd. 2 Abt. 2«, 1906, § 293IV, S. 415.
Es fehlt auch hier nicht der Versuch, den zweifelhaften Begriff
mit Hilfe des gewöhnlichen Sprachgebrauchs meistern zu wollen.
Vgl. Oertmann, Kommentar zum Recht der Schuldverhältniffea,4,
1910, Bd. II, 2 zu 8 675; Lotmar, Der Arbeitsvertrag, 1902,
S. 278ff.; Crome, System 2, 611 f.

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