Die Relativität der Begriffe und ihre Begrenzung usw. 365
der Unternehmung" oder der Angestellten, wenn „durch eine
Ereignung im Verkehr einer mit Anwendung von Dampf-
kraft betriebenen Eisenbahn" ein Mensch getötet oder ver-
letzt wird.
Der begriffsjuristische Versuch, allerorten die Schadens-
ersatzpslicht auf ein angebliches Verschulden zu gründen, von
dem sich namentlich die romanistische Doktrin, voran Jhering,
weit hat tragen lassen, mußte die rechtspolitische Durchdringung
des Schadensersatzproblems geradezu verhindern, und in der
Tat ist es dieser Manipulation zuzuschreiben, daß nicht er-
kannt ist, wie wenig das Verschuldensprinzip in der Lage ist,
in den weitaus meisten Füllen, in denen die Rechtspolitik eine
Schadensersatzpflicht fordert, diese rechffertigen zu können. Es
sind vielmehr andere, hier nicht zu behandelnde Prinzipien,
die aushelfen müssen
Alle diese Begriffskehrungen, Begriffsdehnungen oder
-Pressungen, deren sich das objektive Recht, insbesondere das
Gesetz selbst schuldig macht, geben zu denken. Gewiß, wenn
das Recht eine unbewegliche Sache beweglich, eine bewegliche
unbeweglich nennt, so wird bei so deutlich abgegrenzten Be-
griffen, wie es die Begriffe der beweglichen und der unbeweg-
lichen Sache sind, niemand über den wahren Sachverhalt in
Zweifel geraten. Anders bei dem Begriffe des Besitzes oder
gar dem des Verschuldens. Die Grenze zwischen Besitz und
Nichtbesitz, besonders aber die zwischen Verschulden und Nicht-
verschulden ist so unsicher, daß sie leicht verwischt und eine
wirkliche Begriffsverwirrung eintreten kann.
Weit bedenklicher aber ist, daß in allen diesen Begriffs-
— wie E. Jung, Das Problem des natürlichen Rechts, 1912, S. 124
hervorhebt — das par la faute duquel des art. 1382 Code civil
rein kausal auslegte, unbekümmert darum, daß die Wendung in
Wahrheit dem Berschuldensprinzip Ausdruck gab.
1) Gefährdungshaftung und Gefahrtragung 88 3 ff.