Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 61 = 2.F. 25 (1912))

Die Relativität der Begriffe und ihre Begrenzung usw. 357
einem Walde werden erst dann beweglich Gut, wenn der Teich
gefischt oder das Wild gefangen oder erlegt worden ist (8 295
Satz 2), also erst dann, wenn diese behenden Tiere ihre schönste
natürliche Beweglichkeit verloren haben. Welch eine unfreund-
licke, lebensfeindliche Brille ist es doch, durch die das Gesetz
bisweilen den Juristen zwingt, die Welt zu betrachten! Und
muß nicht ein solches Vorbild die Unbefangenheit des Blicks
in etwas trüben für das freie Spiel der Kräfte, die seine
Wertung umfassen soll?
Auch der umgekehrte Vorgang der Entliegenschaf-
tun g ist nicht selten. Bekannt ist, daß für das Recht Häuser
auch zu einer Zeit noch „beweglich" bleiben, als sie ihre tat-
sächliche Beweglichkeit längst verloren hatten, nicht mehr ab-
gebrochen und mitgenommen werden konnten, da sie nicht
mehr aus Holz aufgeführt zu werden pflegten. Viel er-
wähnt ist, daß noch im 18. Jahrhundert im Breidenbacher
Grunde unfern von Gießen auch steinerne Häuser, weil sie
doch viel Holz enthielten, und ebenso Waldungen zur Fahrnis
gerechnet zu werden pflegten Z. Schon auf eine Begriffs-
verschiebung hinaus kommt der Satz: Was die Fackel zehrt,
ist Fahrnis, oder wie es im 13. und 14. Jahrhundert auch
gefaßt wird: Was verbrennen und sterben mag, ist fahrend
Gut 2).
Früchte werden bereits von dem Augenblick an, in dem
sie „verdientes Gut" waren, als fahrende Habe angesehen.
Bald ist hier maßgebend der Zeitpunkt, in dem Getreide
„uffe dem ackir geworfen Wirt und ez die eidde bestrichet"1 2 3),
bald sollen die Früchte bis zum Johannistag „gelegen guet
1) Stobbe-Lehmann, Handbuch des deutschen Privat-
rechts, Bd. 1 s, 1893, S. 588 N. 10.
2) Huber, a. a. O. 683 N. 7.
3) Erfurter Statuten v. 1306 a. 44 bei Walch 1, 120.

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