Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 61 = 2.F. 25 (1912))

Bedingung und Anwartschaft.

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Der Richter würde wahrscheinlich die mangelnde Bestimmtheit
rügen. Wenn trotzdem in der Theorie der Gedanke eines ding-
lichen Rechts zum Besitz während der Schwebezeit herrscht, so
ist das, wie ich glaube, bloß eine Folge der Vorstellung, der
Anwärter habe in der Anwartschaft ein gegenwärtiges absolutes
Recht inne. Wäre diese Vorstellung richtig, wäre die Anwart-
schaft ein absolutes Recht, nun, so wäre wohl auch das
Recht des Anwärters auf den Besitz eo ipso absoluter,
dinglicher Natur. Ist sie aber falsch, so entfällt damit das
theoretische eo ipso und ein praktischer Grund, es inhalt-
lich aufrecht zu erhalten, liegt nicht vor. Es würde auch
eine besondere gesetzliche Bestimmung dazu nötig sein.
II. Es genügt also die Bestellung eines gegenwärtigen
obligatorischen Rechts auf den Besitz. Die obligatorische Ab-
machung muß aber (S. 276) so getroffen werden, daß der
Erwerber danach bis zur Entscheidung der Be-
dingung zum Besitz berechtigt bleibt*). Daraus folgt:
a) Der Veräußerer darf sich kein Rückforderungsrecht während
der Schwebezeit Vorbehalten.
Trotzdem kann ein Rückforderungsrecht in bedingten
Uebereignungsverträgen Vorkommen: denn der Fall der Aus-
übung dieses Rechts kann in die Bedingung ausgenommen
1) Man kann nicht statt dessen einfach voraussetzen, daß der
Erwerber bei Eintritt des Termins oder der Bedingung noch im
Besitze ist. Denn dann würde sich erst am Stichtage entscheiden, ob
das Geschäft gültig war; bis zum Schlüsse wäre unsicher, ob der
Erwerber wirklich bei Eintritt des Termins oder der Bedingung
Eigentümer wird. Es ist auch unbillig und durch nichts gerecht-
fertigt, auf diese Weise den Eigentumserwerb zu versagen, wenn
zufällig zur Zeit des Stichtages der Anwärter die Sache vorüber-,
gehend verloren hat oder sie ihm gestohlen ist, er sie nachher aber
wiedererhält. — Es bleibt meines Erachtens nur übrig, festzulegen,
welche Rechtsstellung zur Sache dem Erwerber bei Abschluß des Ge-
schäftes mindestens übertragen werden muß. Das ist im Text versucht.
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