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Georg Kuttner,
Ebenso sind aber auch die Grundbucheintragungen echte
Entscheidungen (publizistische Willenserklärungen), nicht
etwa bloße Beurkundungen von Wahrnehmungen oder Wissens-
erklärungen, wie etwa ein Protokoll über die Einnahme des
richterlichen Augenscheins oder eine Eintragung im Heirats-
register 6). Die Grundbucheintragungen ergehen allerdings
zum größten Teil auf Grund formeller, an das Grundbuch-
amt adressierter Willenserklärungen der Privaten.(Eintragungs-
antrag und Eintragungsbewilligung); aber darum verlieren
sie ihren Charakter als Staatswillenserklürungen ebensowenig
wie die Bestätigung des Adoptionsvertrages * * 6 7 8) (BGB. § 1741,
FGG. §§ 65—68) oder wie im Zivilprozeß das auf Grund
Anerkenntnisses ergangene Anerkentnisurteil (ZPO. § 307).
Zu den Willenserklärungen der Privaten tritt die auf einer
selbständigen Willensentschließung des Grundbuchrichters be-
ruhende, und von ihm zusammen mit dem Gerichtsschreiber in
die Publizitätsform gebrachte Eintragung als ein nicht
bloß beurkundendes Element hinzu % Ihr Charakter als be-
hördliche Willenserklärung, als „Entscheidung" 9) eines die Ge-
richtsbarkeit ausübenden Organs der Staatsgewalt tritt be-
sonders dann klar hervor, wenn die Eintragung auf Grund einer
61, 274ff. und die Nachweisungen bei Unger, ZZP. Bd. 36 (1907)
S. 92 Note 213.
6) So Kormann, a. a. O. 130f.
7) Richtig Kipp im „Recht" 1912 S. 9 im Einklang mit
Kuttner, Festschr. f. v. Martitz (1911) 244 Note 1.
8) Wenn Art. 6 AG.GBO. bestimmt: „Die Eintragungen sollen
von den Richtern mit Angabe des Wortlauts verfügt, von dem Ge-
richtsschreiber ausgeführt und von beiden unterschrieben werden",
so kommt darin mit genügender Deutlichkeit zum Ausdruck, daß der
Inhalt der Eintragung sich als alleinige publizistische Willens-
erklärung des Grundbuchrichters darstellt; nur bei Herstellung der
schriftlichen Publizitätsform wirkt der Gerichtsschreiber mit.
9) So auch du Chesne, Prozeßgang des formalen Grund-
buchrechts (1908) 14ff.; Güthe, GBO. 8 71 Bem. 7ff.