Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 56 = 2.F. 20 (1910))

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Adolf Jacobsohn,

den Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn der
Käufer den Mangel beim Abschluß des Kaufes kannte. Häufig
wird dann sein Verhalten als Verzicht auf die Mängelrechte
erscheinen. Es lassen sich aber Fälle denken, auf die dieser Ge-
sichtspunkt nicht zutrifft; doch auch dann hat er seine Mängel-
rechte verwirkt. Geschichtlich gehen allerdings diese Rechtssätze
vielfach auf wirkliche stillschweigende Willenserklärungen zu-
rück. So sieht — um nur einige Beispiele anzuführen —
1. 3 de pign. act. 13. 7 in der Rückgabe des Pfandes einen
Verzicht des Gläubigers auf das Pfandrecht, während heute
§ 1253 BGB. einfach bestimmt: das Pfandrecht erlischt, wenn
der Pfandgläubiger das Pfand dem Verpfänder oder dem
Eigentümer zurückgibt. Ebenso bestimmt heute § 341 Abs. 3
BGB. schlechthin, daß der Gläubiger die Vertragsstrafe nicht
mehr verlangen kann, wenn er die verspätet angebotene
Leistung angenommen und sich das Recht auf die Vertrags-
strafe nicht bei der Annahme Vorbehalten hat; dagegen stellte
hier das gemeine Recht und noch das Allgemeine Landrecht
auf einen Verzicht des Gläubigers ab^). Auch hier kommt
jene Tendenz der modernen Entwicklung des Privatrechts zum
Ausdruck, seine Normen nach dem Maßstab des durchschnittlich
und objektiv Gültigen zu gestalten'^).
In den hier interessierenden Fällen spricht allerdings das
Gesetz selbst davon, daß bei einem gewissen Verhalten eine ge-
wisse Erklärung als abgegeben gelte. Gleichwohl wird auch
ihnen gegenüber zunächst zu prüfen sein, ob wirklich der äußere
Tatbestand einer Erklärung vorliegen muß. Es wäre möglich,
daß die betreffende Gesetzesstelle davon ganz absieht und an ein
bestimmtes Verhalten seine Wirkung anschließt, auch wenn
1) Bergt. RG. 53, 358.
2) Weitere Belege aus der Rechtsprechung bei Ehrlich, Stillschwei-
gende Willenserklärung S. 131, 250 ff.

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