Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 56 = 2.F. 20 (1910))

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Adolf Jaeobsohn,

Das, worauf das Gesetz seiner ganzen Tendenz nach hin-
zielt, ist also ein, gegen das gewöhnlich im Lerkehr übliche,
erhöhtes Maß von Deutlichkeit1 2 3 4 5 6). Mehr vermögen wir seiner
ratio nicht zu entnehmen. Darum ist es erklärlich, daß auch
heute, nach Erlaß des Bürgerlichen Gesetzbuches, der Streit der
Theorien in unverminderter Kraft andauert. Und ebenso wie
im gemeinen Recht hat auch heute keine dieser Theorien eine
besondere Ueberzeugungskraft. Die Aufgabe, an der hier die
Wissenschaft arbeitet, scheint unlöslich zu sein. Eine genauere
Bezeichnung des Unterschieds zwischen ausdrücklicher und still-
schweigender Willenserklärung als die größere oder geringere
Deutlichkeit ist nicht möglich; es handelt sich dabei nur um
Gradesunterschiede, nicht aber um Artverschiedenheiten?).
Dies gilt meines Erachtens selbst gegenüber dem neuesten,
sorgfältigen Versuch einer Grenzbestimmung, den Manigk^)
angestellt hat. Aehnlich wie früher schon Leonhards stellt
er die Formel auf: ausdrücklich erklärt ist das, was sich ledig-
lich nach dem Sprachgebrauch als erklärt ergibt; konkludent
erklärt ist das, was sich nach anderen Lebensregeln, den Regeln
der Logik, der Usance usw. als erklärt ergibt^). Diese Formel
hat freilich auf den ersten Blick etwas Bestechendes. Sie scheint
eine klare, scharfe Grenzziehung zu ermöglichen. Aber bei ge-
nauerem Zusehen bemerkt man, daß doch auch sie keine scharfe
Grenze liefert. Immer bleiben gewisse Fälle zurück, bezüglich
deren es zweifelhaft ist, wohin sie zu stellen sind; dies verkennt
auch Manigk nichts. Es bleibt also den Parteien und dem
1) Aehnlich Wedemeyer, a. a. O. S. 81. Vergl. RG. 65, 179
zu § 3 des Depotgesetzes.
2) Ebenso Hölder, Komm. z. BGB. S. 238.
3) Willenserklärung und Willensgeschäft S. 295 ff. Aehnlich jetzt
auch Oertmann, Komm. z. BGB. r, 306.
4) Irrtum als Ursache nichtiger Verträge i, 211.
5) A. a. O. S. 304. Zustimmend Hellmann, KrVJSchr. 48, 228.
6) A. a. O. S. 114, 276.

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