Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 56 = 2.F. 20 (1910))

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Max Wolfs,

II.
Wir kehren nun wieder zu der eingangs gestellten Frage
zurück: Worauf beruht die Gewährleistung? Und zwar lassen
wir diejenige Gewährleistung, die als Schadensersatz wegen
Nichterfüllung in die Erscheinung tritt, zunächst beiseite und
beschäftigen uns ausschließlich mit der Gewährleistungsgruppe
Wandlung und Minderung. Für die Beantwortung der Frage
nach dem Rechtsgrunde von Wandlung und Minderung haben
wir durch die bisherigen Erörterungen bereits zwei Ergebnisse
gewonnen, das negative, daß Wandlung und Minderung nicht
auf ungehörige Vertragserfüllung seitens des Verkäufers zurück-
zuführen sind, das positive, daß der Rechtsgrund der Wand-
lung und der Minderung in der Person des Käufers zu
suchen ist.
Der Käufer erwartet auf Grund des Kaufvertrages eine
mangelfreie Sache. Auch ist es wahr, daß er die Verpflich-
tungen aus dem Kaufverträge in Erwartung der Gegenleistung
übernimmt, und sie nicht würde übernehmen wollen für den
Fall, daß seine Erwartung einer mangelfreien Kaufsache sich
nicht erfüllen sollte. Dom Standpunkt des Willensdogmas
mag man also die Gewährleistung auf den Willen des Käufers
zurückführen, auf eine ..Willensbeschränkung" im Sinne der
Windscheidschen „Voraussetzung". Indessen möchte ich mir
diese Konstruktion nicht zu eigen machen, schon deshalb nicht,
um nicht den Kampf um die Wind sch eidsche Voraus-
setzungstheorie wieder heraufzubeschwören. Auch befindet man
fich auf unsicherem Boden, wenn man mit dem „Willen" des
Käufers operiert, und es bedarf dessen nicht. Lassen wir den
Willen des Käufers ganz beiseite und begnügen wir uns, zu
konstatieren, daß das Gesetz dem Käufer Wandlung und Minde-
rung gewährt, wenn seine Erwartungen hinsichtlich der Be-
schaffenheit der Kaufsache sich nicht erfüllen, konstatieren wir

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