Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 59 = 2.F. 23 (1911))

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Kuttner,

behandelten Problem bekannt geworden. Sie lassen es erwünscht
erscheinen, die Gebundenheit des Nachlaßrichters an Erbrechts-
feftstellungsurteile noch einmal genauer zu bestimmen und ab-
zugrenzen 5).
Sowohl Unger als auch Kipp halten an dem prin-
zipiellen Standpunkt der herrschenden Lehre fest, daß die Ent-
scheidungen des Prozeßrichters (abgesehen von den konstitutiven
Urteilen) keinerlei bindende Kraft für die Entschließungen des
Erbscheinrichters haben. Beide Schriftsteller aber räumen für
unsere Frage Ausnahmen ein, durch die sie das aufgestellte
„Prinzip der Unabhängigkeit des Erbscheinrichters vom Prozeß-
richter" abweichend von der herrschenden Lehre weitgehend durch-
brechen.
Kipp erkennt eine Bindung des Nachlaßrichters insoweit
an, als das Erbrecht des Antragstellers durch rechtskräftiges
Urteil verneint ist. „Ist das Erbrecht des Antragstellers
durch rechtskräftiges Urteil verneint, so hat der Nachlaßrichter,
auch wenn er den Besiegten für den wahren Erben hält, ihm
den Erbschein nicht zu erteilen. Denn wenn er ihn erteilte,
so könnte der Sieger sofort im Prozeßwege, gestützt auf die
Rechtskraft des Urteils, die Herausgabe des Scheins an das
Nachlaßgericht verlangen (§ 2362) und durch die Herausgabe
würde er kraftlos5 6). Es kann aber trotz der prinzipiellen Un-
abhängigkeit des Nachlaßrichters nicht der Wille des Gesetzes
sein, ein solches Spiel durchzuführen."
Und noch an einer anderen Stelle gibt Kipp die Bin-
dung des Nachlaßrichters zu, nämlich im Feststellungsverfahren
in bezug auf das gesetzliche Erbrecht des Fiskus (BGB. §§ 1964,

5) Nur auf diese Urteile gehen die folgenden Ausführungen nochmals
ein. Wegen der Gebundenheit an andere Urteile sei auf das früher Ge-
sagte verwiesen (Gierke-Festgabe 2, 179—201).
6) So auch schon Festgabe S. 221; vgl. S. 203—206.

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