Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 59 = 2.F. 23 (1911))

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Krückmann,

des laufenden Mietvertrages benutzt werden konnten, hätte sich
denn doch zu elementar geltend gemacht.
Der ganze Streit um §§ 542, 323 war im vorliegenden
Fall gegenstandslos, vielmehr mußte, auch wenn man § 542
nicht zur Anwendung bringen wollte, darauf gesehen werden, ob
der Kleiderfabrik noch zugemutet werden konnte, für 14 Monate
in das neue Gebäude zu ziehen. Für die Entscheidung dieser
Frage kamen in Betracht die Kosten eines Umzuges oder viel-
mehr eines mehrmaligen Umzuges, da die Textilwerke für die
Bauzeit der Kleiderfabrik Räume in einem nebenstehenden Ge-
bäude angeboten hatten. Dafür wurde bedeutsam, ob die
Maschinen mitabgebrannt waren oder nicht, so daß ein
doppelter Transport gespart wurde; ferner fragte es sich, ob
die Fabrik in der vorläufig angebotenen Unterkunft ausreichend
aufgehoben war oder ob sie sich eine andere Unterkunft suchen
mußte, die sie ohne langdauernden Mietvertrag nicht erhalten
konnte; ob im August eine genügend große Wahrscheinlichkeit
bestand, daß zum November die alten Räume wieder ausreichend
würden hergeftellt sein. Diese und ähnliche Erwägungen
mußten angestellt werden, aus dem Bericht in RGZ. 62,
226 ff. ist aber nicht ersichtlich, daß diese Gesichtspunkte in
einer der drei Instanzen überhaupt ausgetaucht sind. Ins-
besondere scheint das Entgegenkommen der Textilwerke, die für
die angebotenen, aber nicht benutzten Räume im Nebenhause
kein Entgelt verlangt haben, für die Beurteilung der Sachlage
gar nicht gewürdigt worden zu sein. In diesem Angebot lag
eine so ausreichende Entschädigung für die Kleidersabrik, daß
diese, falls die Räume überhaupt zu ihrem Zweck genügten,
unbedingt hätte verurteilt werden müssen. Bei einem jähr-
lichen Mietzins von 2600 M. erhielt die Fabrik sonach einen
Nachlaß von nicht weniger als mindestens 650 M. Hier
scheinen die Richter aller Instanzen ebenso wie die Anwälte

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