Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 39 = 2.F. 3 (1898))

Beiträge zur Auslegung des deutschen B.G.B. 397
Gläubigers zu dem Vertrage der beiden Anderen aufzufassen,
so daß § 415 einen dreiseitigen Vertrag zwischen Urschuldner,
Uebernehmer und Gläubiger im Auge hätte. Das Gesetzbuch
hat die in der gemeinrechtlichen Literatur mehrfach vertretene sog.
„Kollektiv-Offerten-Theorie *) sich nicht zu eigen gemacht. Man
könnte das schon aus dem Gebrauche des Ausdrucks „Ge-
nehmigung" schließen, ich möchte aber so viel Werth dar-
auf nicht legen. Wichtiger ist, daß das Gesetzbuch Urschuldner
und Uebernehmer „die Schuldübernahme vereinbaren" und bei
Verweigerung der Genehmigung des Gläubigers die Schuld-
übernahme „als nicht erfolgt gelten" läßt. Daraus ergiebt
sich, daß nach Meinung des Gesetzes der Schuldübernahme-
Pertrag durch das Abkommen der beiden Erstbetheiligten be-
reits geschlossen wird und nur seine volle Wirkung noch bedingt ist
durch die Genehmigung des Gläubigers. Wäre dagegen der
Gläubiger Mitkontrahent, so würde der Vertrag erst mit seinem
Beitritte fertig sein.
Entscheidend endlich ist, daß nach § 415 Schuldüber-
nehmer und Urschuldner bis zur Genehmigung, d. h. also
(§ 130) bis zum Eintreffen der Genehmigung des Gläubigers,
ihre Abrede rückgängig machen können. Ein Beitritt zum Ver-
trage, d. h. ein Mitschließen des Vertrages, ist nur möglich,
wenn ein Antrag vorliegt. Die Kollektiv-Offerten-Theorie
wollte den erforderlichen Antrag in der Vereinbarung zwischen
Urschuldner und Uebernehmer sehen, und man möchte vielleicht
die „Mittheilung" dieser Vereinbarung als Antrag an den
Gläubiger auffassen. Aber die angeführte Bestimmung macht
diese Auslegung unmöglich. Als Antrag aufgefaßt, würden
die vom Urschuldner und Uebernehmer abgegebenen Willens-
äußerungen nach § 145 unwiderruflich sein. Und wenn man

1) Bergt, über diese v. Blume, S. 117; Kipp, S. 352.

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