Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 39 = 2.F. 3 (1898))

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Carl Crome,

tritt, daß partikulare Gewohnheiten sich mit keinem gemein-
rechtlichen Rechtssatz in Widerspruch versetzen dürfen, also den
Unterschied zwischen Gewohnheitsrechten, welche zwingenden,
und solchen, welche dispositiven Gesetzesvorschriften widersprechen,
nachdrücklich verwirft.
Den Hauptanhalt für seine Ansicht gewährt Krückmann
sonach nur die Bestimmung des sächsischen Gesetzbuches
(§ 28), die als „bemerkenswerth" hervorgehoben wird:
Soweit Rechte durch die Willkür der Betheiligten be-
gründet werden können, sind Gewohnheitsrechte zu berück-
sichtigen, wenn anzunehmen ist, daß die Parteien das in gleich-
artigen Fällen Gewöhnliche beobachten wollten.
Aber vergessen wird, den Vordersatz zu melden, welcher
lautet:
Durch Gewohnheiten können weder Gesetze aufgehoben
oder abgeändert, noch neue Vorschriften mit Gesetzeskraft ein-
geführt werden.
Ich meine, ein Gesetz, das diesen Grundsatz ausspricht,
— für das ein Puchta und andere Meister der historischen
Schule umsonst geschrieben haben — ein Gesetz, welches gerade
in Sachen des Gewohnheitsrechtes auf dem denkbar niedrigsten
wissenschaftlichen Niveau steht, könnte auch für das in Rede
stehende Problem am allerwenigsten als Autorität in Anspruch
genommen werden. Dazu kommt, daß der einzig von Krück-
mann angeführte Nachsatz in sehr geschickter Form die Bruta-
lität des Vordersatzes verhüllt. Was da in Wirklichkeit sank-
tionirt wird, ist gar nicht so sehr wahres Gewohnheitsrecht,
als vielmehr Geschäftsgebräuche, die man geschickt
„Gewohnheitsrechte" nennt. Diese Gewohnheiten sollen auch
nicht entfernt um ihrer selbst willen (kraft der im Volk
obwaltenden Rechtsüberzeugung und Uebung), sondern nur
dann zur Anwendung kommen, wenn anzunehmen ist, daß die

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