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Earl Erome,
dadurch nicht aufgehoben werden"), zu einer neuen Art der
„bürgerlichen Ehe", wenn nur die alte unangetastet bleibt?!
Wenn in den Vereinigten Staaten Mormonen leben, warum
sollten sie dann bei uns gänzlich unmöglich sein! Die Konse-
quenzen einer solchen Rechtsbildung, wenn man sie zuläßt, kann
sich Jeder selbst ausmalen.
Dann aber — und das scheint mir die Hauptsache zu
sein — wie kann man sagen, daß die geordnete Volksgemein-
schaft, der Staat, welcher sich einem derartigen Vorgehen ein-
zelner seiner Glieder von vornherein dadurch grundsätzlich
widersetzt, daß er die Bildung partikularer Rechtsgewohnheiten
verbietet, mit diesem Vorgehen seineZuständigkeit
überschreite: unverbindlichen Gesetzesinhalt
schaffe, der nur zwangsweise, durch den Büttel, in Kraft
gehalten werde"). Das mag für den versuchten gänzlichen
Ausschluß des Gewohnheitsrechts — also des gemeinen —
wie ihn die großen Legislationen zu Ende des vorigen und
Anfang dieses Jahrhunderts enthielten, zutreffen. Da läßt
sich sagen, daß der Gesetzgeber in dieser Weise die eine Rechts-
quelle nicht vollständig verstopfen könne, sowenig wie er durch
Verbot nicht den Erlaß späterer abändernder Gesetze ausschließen
kann. Da stehen sich die beiden Rechtsquellen als gleichwer-
thige, weil auch von ganz derselben Rechtsgemeinschaft aus-
gehende Rechtsbildungen gegenüber. Da kann man sagen:
10) S. Jahrbücher a. a. O. S. 206 ff. — Auf daS Detail der
Bildung partikularen Gewohnheitsrechts gegenüber zwingenden und dis-
positiven Rechtsnormen wird unten Ziff. IV ff. noch näher eingegangen
werden.
11) So ganz besonders schroff Cosack, Lehrbuch des bürgerl. Recht-,
Bd. i S. 39 ff. Er zeiht die oben Anm. 3 genannten Schriftsteller,
insbesondere Gierke und Eck, der Inkonsequenz, wenn sie die dero-
girende Kraft des partikularen Gewohnheitsrechts verwerfen. Wie wenig
dieser Borwurf zutrifft, wird sich unten zeigen.