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Hermann Jsay,
Dafür, ob im einzelnen Falle das Verhalten des Thieres
als vitiös zu bezeichnen ist, haben einzelne Quellenentscheidungen
einen Maßstab daraus zu gewinnen gesucht, wie im normalen
Falle ein solches Thier auf äußere Anreizungen der in Frage
stehenden Art zu reagiren pflegt'). —
Der Weg, auf welchem der Entwicklungsgang das straf-
rechtliche Element in der Verantwortlichkeit des domiou8 mehr
und mehr durch das civilistische ersetzt hat2), liegt vor dem
Beginne unserer Neberlieferung. Möglich, daß der Hergang
der gleiche war, wie im deutschen Recht 3).
Zur Wahrscheinlichkeit wird diese Möglichkeit durch den
Umstand, daß wie im deutschen, so auch im römischen Recht
das Moment der Gewaltausübung, das in potestate 6886,
als kausal für die Verantwortlichkeit gesetzt*), und daß diese
letztere, wie im deutschen Recht, nicht eine formelle, sondern
eine materielle ist 5).
Auch die Möglichkeit der Preisgabe des Schuldigen an
den Verletzten finden wir im römischen Recht wieder. Da-
gegen ist das zeitliche Verhältniß der nvxao datio zu dem
dem römischen Rechte — wenigstens in dieser scharfen Aus-
1) Fr, l § 7 D. si quadr. (9, 1). Darüber, daß die Formulirung,
es müsse das Thier contra naturam sui generis gehandelt haben, auf miß-
verständlicher Benutzung dieser Stelle beruht, vergl. Eisele, S. 481 ff,,
488 ff.
2) Noch in den Rechtsbüchern Justinian's ist die a° noxalis
Pönalklage, daher passiv unvererblich. Fr. l § 17 D. si quadr. (9, l).
Ungenau Dernburg, Pand., Bd. 2 (3. Aufl.) § 133 356.
3) So denkt ihn sich auch Girard, NB.H. XII p. 44 ff. Vergl.
auch v. W yß, Haftung f. fremde culpa, S- 18, 19.
4) Fr. 21 §§ 2, 3 D. de nox. act. (9, 4). Vergl- oben S. 241
Note 2.
5) v. Wyß, Haftung f. fremde culpa, S. 11 ff., 3iff.; G.irard
1. c. p. 32 ff.