Willkür und Willenserklärung.
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Wenn nur die Wandelbarkeit des Willens der Grund
unserer Regel ist, so muß sie da fortfallen, wo eine Aenderung
des Willens ausnahmsweise nicht möglich ist: wo die Be-
dingung dahin gedeutetet werden kann, daß sie schon mit der
ersten Erklärung erfüllt sei. Und in der That zeigt sich das
beim Kauf auf Probe. Daß dort die erste Erklärung ent-
scheiden sollte, folgte auch in Rom schon aus der Beifügung
der Frist si intra certum diem tibi placuerit (§ 4 J. de
empt.; vergl. 1. 20 pr. de praescr. verb. 19, 5). Dieser
Zusatz stellte es außer allem Zweifel, daß es nicht auf den
inneren Willen abgesehen war; und daraus erklärt sich die
Gültigkeit dieses Geschäfts im Gegensatz zu dem in 1. 7 pr.
de contr. empt. behandelten Verkaufe.
Derselbe Grund scheint mir auch bei der Behandlung des
fideicommissum libertatis mitzusprechen. Me schon erwähnt,
ist es auch dann zulässig, wenn es auf den freien Willen des
Erben gestellt ist. Ja, Ulpian erklärt es sogar nur für zu-
lässig, es ganz in das Belieben des Erben zu stellen; während
es nicht möglich sei, ein Vermächtniß mit der Bedingung si
heres voluerit zu errichten (1. 46 pr. und § 3 de fid.
lib. 40,5), Wie daraus erhellt, galt die Ausnahme von der all-
gemeinen Regel nur bei dem technischen Institut des fidei-
commissum libertatis, zu dem man den Gebrauch bestimmter
Formeln erforderte *). Ganz sicher ist das eine Reminiscenz
an das alte Recht der Fideikommisse, wonach sie gar keinen
Rechtszwang enthielten 1 2). Aber das erklärt noch nicht, wes-
halb die Römer diese Ausnahme zugelassen und sich gerade
nur hier nicht an der sonst so schroff durchgeführten Regel
gestoßen haben. Da scheint mir nur folgende Annahme mög-
1) I. 14, I. 17, 1. 41 § 6, 1 46 pr. de fid. lib. 40, 5; c. 7 eod.
tit. 7, 4.
2) Wendt, S. 69.