Abhandlungen aus dem internationalen Privatrecht.
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mögen in ihrem Territorium herrschen, so weit sie wollen
und können; sobald ihre Wirkungen auf unser Territorium her-
übergreifen, weisen wir sie zurück.
Dort ist also die „Territorialität" etwas Positives, Affir-
matives; hier etwas Negatives, Restriktives * l 2). Dort ent-
spricht sie dem Sinn und Willen des fraglichen Gesetzes selbst,
hier widerspricht sie ihm. Dort heißt Territorialität: Haus-
recht; hier: Hausarrest.
Die „konkave" und die „konvexe" Territorialität haben
überhaupt nichts mit einander gemein, als das unglückliche
Wort. Wie sie begrifflich völlig verschieden sind, so sind es
auch ihre praktischen Konsequenzen. Die konkave Territorialität
wird in der Regel auch reciprok anerkannt, die konvexe in der
Regel nicht. Erftere führt gewöhnlich zur Gesetzes Har-
monie vermittels einer gleichmäßigen Grenznorm; letztere
führt meistens zur echten Gesetzeskollision, weil eine
strikte Ausdehnungsnorm zurückbleibt. Die strikte
Ausdehnungsnorm hat in diesem Falle zum Gegenstand eine
inländische Sachnorm, welche inhaltlich der als „territorial"
reprobirten ausländischen Sachnorm entgegengesetzt ist *).
Belege für die theoretische und praktische Verwirrung, welche
die mißbräuchliche Verquickung der beiden gänzlich verschiedenen
Begriffe herbeiführt, findet man sehr häufig. Wir verweisen
Broeber, Nouveau traite, p. 100ff.; Fiore, I No. 448, II No. 577f.;
Story, No. 92 note a, p. 117; No. 414 p. 575 ; Thorndike bei
Story, p. 224; Wharton, §§no, 158, 270; Argentinien, B.G.B
Art. 9 (Meili, Cod., S. 48ff., Niemeyer, Nr. 23); Barnum v.
Barnum, 42 Md. 251 u. s. f.
1) Pillet, Ordre public, p. 68ff., 71 ff. unterscheidet tatsächlich
lois d’ordre public positives et lois d’ordre public negatives und eilten
effet direct nnd effet indirect de la territoriali^.
2) Auf Einzelheiten haben wir hier nicht einzugehen. Vergl. einst-
weilen auch Zitelmann, I S. 823ff.
XXXIX. 2. F. III.