Schadenszurechnung nach römischem und bürgerlichem Rechte. 421
klar, um wieviel mehr den Kronjuriften Iustinians. Und
welch merkwürdige Verkennung des Sachverhaltes ist es da-
nach, die von ihnen kompilierten und gebilligten Bestimmungen
über die aetio de pauperie schlechthin aus einer von den
Redaktoren selbst offenbar als indiskutabel erachteten Grund-
anschauung heraus erklären zu wollen *). —
Damit gelangen wir zu dem dogmatischen Problem, in
deffen Durchführung zu erörtern ist, nach welchen Prinzipien
im justinianischen Rechte die Haftung für Tierschäden geregelt,
insbesondere welches hier das Verhältnis der aquillischen *) zur
noxalen Haftung war, und wie sich diese eigenartige pau-
peries-Haftung in das System des außerkontraktlichen Ent-
schädigungsrechtes einfügte.
Aber auch für diese dogmatisch-exegetische Aufgabe ist jene
oben angedeutete historische Betrachtung nicht ohne Belang.
Denn (wie im Verlauf der Erörterungen hervortreten wird)
liegt es nicht so, daß die ältere Anschauung völlig ver-
schwunden, die neuere restlos zur Anerkennung gelangt wäre ;
vielmehr spielt die ältere Auffassung noch mit hinein und führt
sogar an entscheidender Stelle zu einer Durchbrechung der auf
Grund der späteren Ansicht durchgeführten Regelung der Haf-
tungsgrundlagen.
Wie allgemein anerkannt sein dürfte, sind es die Voraus-
setzungen der pauperi68-Haftung, welche für die Beant-
wortung unserer Frage vornehmlich Schwierigkeiten bereiten.
Denn gerade in diesem Punkte herrscht nichts weniger als
1) Hierin scheint mir der prinzipielle Fehler von Jsay, JheringsJ.
39, 282 ff. zu liegen. — Seiner Skepsis gegenüber der Kontrollierbarkcit
der historischen Entwickelung stimme ich durchaus zu.
2) Die Schreibweise nach Th. Mommsen, Rom. Strafrecht (1899)
82« Note 4.