Adäquate Verursachung im Zivilrecht.
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Instanzen erklärten den Anspruch dem Grunde nach für gerecht
fertigt. Die Revision ist zurückgewiesen worden."
So beginnt die meiftbesprochene und meistkritisierte Ent-
scheidung des (VI. Senats des) Reichsgerichts vom 26. Febr.
1903 im 54. Bande, S. 73, zum § 833 BGB.
Auf die Gründe des reichsgerichtlichen Urteils soll hier,
obgleich sie zu Betrachtungen an sich genügenden Anlaß
bieten96a), nicht näher eingegangen werden. Denn alle Welt
ist, wie es scheint, darüber einig, daß, wenn nichts als § 833
BGB. hier zu entscheiden hat, sich die Entscheidung des Reichs-
gerichts nicht vermeiden läßt, trotzdem die unbestritten herrschende
Meinung dies für ein dem Rechtsgefühl stark widerstrebendes
Ergebnis ansieht.
Bon dieser Ueberzeugung, die sich ja nicht beweisen läßt,
daß die Entscheidung unser Rechtsgesühl empfindlich verletzt,
soll auch hier ausgegangen werden.
Einige97) bescheiden sich kopfschüttelnd bei diesem Ergebnis,
andere rufen alle Künste der Auslegung herbei, um anders
entscheiden zu können.
Ungekünstelt und unbedenklich scheint mir keiner dieser
Auslegungsversuche zu sein.
Litten") will den Kutscher nur nach den Regeln des
Transportvertrages, d. h. also nicht haften lassen, wenn ihn
96») ») Dus RG. arbeitet darin noch mit dem von der Wissenschaft
längst als unbrauchbar beiseite gelegten Begriff der causa efficiens ent-
gegen anderen älteren und jüngeren Entscheidungen desselben Senats; z. B.
RG. 50, 222 und IW. 1903, Beilage S. 92 Nr. 213. — b) Es ist un-
richtig, wenn das Urteil bemerkt, daß die darin entwickelten Grundsätze auch
für das gemeine und französische Recht Geltung hätten. Zwischen der Tier-
haftung nach gemeinem und nach französischem Rechte besteht ein erheblicher
Unterschied, und das BGB hat sich bewußt vom gemeinem Recht abgekehrt
und sich im wesentlichen dem Art. »385 c. c. angeschlossen.
97) Oertmann, DJZ. 1904, 141; Sieber, DJZ. 1905, 138.
98) DJZ. 1905, 341.