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M. Rumpf,
erkennbar war) nichts zu tun als zu fragen: konnte ich in der
Lage des Täters einen solchen Erfolg voraussehen? Er braucht
gar nicht einmal, wie z. B. bei jeder Beurteilung einer straf-
rechtlichen Fahrlässigkeit, aus seiner Individualität herauszutreten
und sich in die Eigenart des Täters hineinzuversetzen.
2) Die R ü m e l i n sche Formel zieht den Kreis der voraus-
zusetzenden Bedingungen zu weit und führt auch in Fällen zur
Bejahung des Kausalzusammenhanges, in denen dies unserem
Rechtsgefühl widerstreitet. Dies ist schon vielfach behauptet
worden, aber nicht immer mit schlagenden Beispielen belegt
worden. Weder in dem S. 338 erwähnten Beispiele v. Kries',
noch in demjenigen Traegers S. 343 und 344 kann
der unachtsame Täter (Krankenwärter und Kistenverlaber) zur
Verantwortung gezogen werden, weil er, eine normale Aus-
gestaltung jener Beispiele vorausgesetzt, nicht fahrlässig gehandelt
hat. Zu dem Beispiele von v. Kries hat schon Rad bruchi)
mit Recht hervorgehoben, daß der Krankenwärter nicht fahr-
lässig sei, weil er den Tod des Patienten nicht habe voraus-
sehen können. Dasselbe gilt von den Hafenarbeitern in
Traegers Beispiel; ja, wenn sie gewußt hätten, daß Ex-
plosivstoff in der Kiste war, dann träfe sie Fahrlässigkeit; aber
dann bejaht unser Rechtsgefühl sofort auf das entschiedenste
ihre Verantwortlichkeit. Dabei ist auch Traegers der
Meinung, daß die Voraussehbarkeit des Erfolgs ein Stück des
Tatbestands der zivilrechtlichen Fahrlässigkeit sei.
Statt dessen ein Beispiel aus der Praxis.
Jemand erlangt gegen einen Bauunternehmer im Wechsel-
prozeffe aus verschiedenen Wechseln in erster Instanz mehrere
vorläufig vollstreckbare Urteile und betreibt aus ihnen sofort
gegen die wichtigsten Vermögensstücke des Bauunternehmers
71) S. 35; ebenso Litten.
72) S. 191 f.