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M. Rumpf,
und ein dennoch eingetretener Schaden dem entwickelteren
Rechtsgefühl gemäß von dem getragen werden soll, der ihm
am nächsten steht; das ist aber, wenn der Schädiger einen
Schaden angerichtet hat, den er voraussah oder voraussehen
mußte, der Schädiger und nicht der Beschädigte.
Hüte dich, deinen Nächsten zu schädigen ; soweit du die
Schädigung verhindern konntest, hastest du für den Schaden;
solche Rücksichtnahme auf den Nächsten kann man von dir als
einem vernünftigen Wesen verlangen: das ist der Grundton
jedes auf dem Verschuldungsprinzip aufgebauten Schadensrechts.
Ob diese Formel die Basis des gesamten Schadensrechts
sein kann, daran werden zunächst Zweifel laut werden, wenn
der Verkehr sich solcher Hilfsmittel zu bedienen beginnt, die
der Herrschaft des vernünftigen Menschen nicht so unbedingt
mehr unterliegen, wie etwa seine Hand und die Werkzeuge,
die die Hand führt. Es kann schon die Zähmung von Tieren
und ihre Benutzung im Verkehr dazu führen, an der Richtig-
keit und Allgemeingültigkeit des Kulpaprinzips bedenklich zu
werden: die beftgezogenen Haustiere bleiben immer Tiere, für
deren Uebeltaten der Mensch nicht in demselben Maße verant-
wortlich gemacht werden kann, wie für seine eigenen Taten.
Das Recht kann allerdings in dieser Phase der Verkehrsent-
wickelung einen aufsteigenden Zweifel noch unterdrücken und
die Schadesersatzpflicht an die Tierestat nur knüpfen, soweit sie
zugleich Menschentat ist, d. h. soweit die Unterlassung ordent-
licher Aufsicht über das Tier es diesem erst ermöglichte, schädlich
zu werden, oder wenn gar der Mensch das Tier gehetzt hat.
Ist das Recht diesen letzteren Weg und an dem Problem
der Allgemeingültigkeit des Verschuldungsprinzips noch vorbei-
gegangen, dann werden der Dampf und die Maschine schon
sorgen, das Problem von neuem vorm Rechte auszubreiten.
„Bei der Verwendung starker Naturkräfte, Dampf, Wasser,