Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 49 = 2.F. 13 (1905))

DaS sog. Prinzip der Selbständigkeit des Vormundes. 283
klärt das für unzulässig ; denn der Vormund hat in bloßen
Zweckmäßigkeilsfragen selbständig zu entscheiden (OLGRspr.
7, 126).
Hiernach müßte der Vormundschaftsrichter mit verschränkten
Armen zusehen, wie der Vormund den Mündel zu Schaden
bringt; er müßte sich darauf beschränken, den Brunnen zu-
zudecken, wenn das Kind hineingefallen ist? „Nein", sagen
die Ausleger des Gesetzes: „der § 1886 räumt ihm vielmehr
die Befugnis ein, wenn die Fortführung des Amtes durch den
Vormund die Interessen des Mündels auch nur gefährdet, den
Vormund zu entlassen" *).
Eine juristische Technik, die befremden muß! Mit einem
Befehle könnte das Vormundschaftsgericht verhindern, daß der
Vormund einen Fehler begeht. Aber das darf es nicht, um des
Prinzipes willen. Sondern es muß den Vormund, der bis
dahin seine Aufgabe gut erfüllt hat, entlassen, nur weil er
in dieser einen Angelegenheit blind oder dickköpfig handelt.
Sollte das wirklich die Meinung des Gesetzes sein?
Hiergegen hat zuerst Dernburg?) lebhaften Widerspruch
erhoben, ich bin ihm darin gefolgt, allerdings — wie noch zu
zeigen sein wird — mit einer nicht unerheblichen Abweichung 1 2 3 4);
neueftens hat E. I o s ef die oben erwähnten und andere Ent-
scheidungen, die jenes Dogma zum Ausgangspunkte nehmen, an-
gegriffen und versucht, in dem irreführenden Ausspruch der Ver-
fasser des Gesetzbuchs das Richtige vom Unrichtigen zu scheiden.
1) Planck-Unzner, Anm. i zu § 1837; Staudinger-Engel-
mann, Anm. ib zu § 1837.
2) Deutsches Familienrecht (Das bürgerliche Recht, Bd. 4), § m
iS. 384 fg.).
3) In meinem Kommentar zum Vormundschaftsrecht (Bd. 4 des
Heymannschen Kommentars zum BGB.), Vorbemerkung 2 zu Unter-
Abschn. ui (S. 86) und Anm. i zu § 1837.
4) Civ. Arch. 97, I08fg.

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