Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 46 = 2.F. 10 (1904))

Verhältnis deS Irrtums zur Auslegung nach dem B.G.B. 389
Das Prinzip, daß der innere Wille keinen Einfluß auf
die Rechtswirkung einer Willenserklärung haben soll, führt das
B.G.B. auch im § 119 durchs), indem danach auch ein Irr-
t u m über den Inhalt, ü b e r die B e d e u t u n g der abgegebenen
Erklärung, ohne Einfluß sein soll, indem also auch in solchem
Falle zunächst eine der wahren Bedeutung der Erklärung ent-
sprechende Rechtsfolge eintreten soll, und der Irrtum des Er-
klärenden nur den bereits eingetretenen Rechtserfolg
wieder rückgängig machen kann. Denn die Nichtigkeits-
erklärung des betreffenden Rechtsgeschäfts soll nicht von Amts
wegen erfolgen, sondern nur, wenn ein weiteres Tatbestands-
moment vorliegt: die Anfechtungserklärung des Irrenden.
Aus § 119 B.G.B., der dem Irrtum über die Be-
deutung der abgegebenen Erklärung einen Einfluß auf die
Entstehung der Rechtsfolge, welche die Willenserklärung
hervorbringt, nicht einräumt, folgt in Perbindung mit
§§ 157, 242 B.G.B., wonach die der Verkehrssitte, d. h.
die dem gewöhnlichen Sprachgebrauch entsprechende Rechts-
folge entstehen soll, daß es auch gleichgültig ist, ob der-
jenige. welcher die Willenserklärung abgibt, die betreffende
Perkehrssitte, also den Sprachgebrauch, kennt oder nichts:
7) Jsay, a. a. O. S- 18 führt mit Recht für die im Text ver-
tretene Ansicht auch § 164 Abs. 2 B G.B. an, der bestimmt, daß, wenn
die Umstände auf ein Handeln im eigenen Namen schließen lassen — d. h.
also wenn die Auslegung des konkreten Tatbestandes nach der Ver-
kehrssitte dies ergibt — der Mangel dieses Willens nicht in Betracht
kommen soll: wird im Verkehr das Verhalten als Handeln im eigenen
Namen aufgefaßt, so wird — mag der Handelnde damit auch etwas anderes
haben ausdrücken wollen — es vom Gesetz als Handeln im eigenen
Namen ausgelegt.
8) Düringer-Hachenburg, Das Handelsgesetzbuch vom 10.Mai
1897, Bd. 2 S. 211 Note in sub a; Holder, Kommentar zum B.G B.,
S. 301 sub ß; Staub, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 6 u. 7. Aust.,
Bd. i S. 7; Da uz. Die Auslegung der Rechtsgeschäfte, S. 163; Danz,
Laienverstand und Rechtsprechung, in diesen Jahrbüchern, Bd. 38 S. 394,
397 ff, Separatabdruck S. 22, 25 ff.

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